Gefühlt Mitte Zwanzig – While we’r young

Gebildetes Ventilieren der Mid-Forties-Crisis und Lebenssituation von kultivierten Middle-Class Amerikanern.

Lebensumstandsfilm von Noah Birnbaum, der unumständlich sich die Hoffnungen, Enttäuschungen dieser Generation mit dem Aufkommen der ersten Zipperlein zum parallelen Verschwinden der Jugendeuphorie vornimmt und diesen das Karrieredenken, das Posertum gegenüberstellt, was eine ziemlich einseitige Behauptung ist, und am Wahrhaftigkeits-Anspruch des Dokumentarfilms bemisst, denn das sind in diesem Film die dominierenden Berufsgruppen: Dokumentaristen.

Die zentrale Figur, Ben Stiller als Josh, ist Dokumentarist, allerdings in einer Flaute (ihm fehle die Erbarmungslosigkeit, meint sein Schwiegervater an einer Stelle), künstlerisch wie finanziell. Er ist verheiratet mit der Tochter eines berühmten und hochdekorierten Dokumentarfilmers, mit Naomi Watts als Cornelia; der Vater gilt als Dokumentarfilmpapst und wird in einem Zuge mit Wiseman genannt.

An Josh ran macht sich der ambitionierte Nachwuchsdokumentarfilmer und Poser Jammie Fletscher, Adam Horovitz, der das Angebertum in fantasievoller Gestik signalisiert und konstant mit Hut auf dem Kopf auftritt. Er ist Mitte zwanzig und bereits verheiratet mit Darby, Amanda Seyfried, die ein spezielles Eis herstellt, welches noch verräterisch hinsichtlich der Blufferei werden wird.

Der Film stellt den Bildern einen Dialog aus Ibsens Baumeister Solness voran, in dem es in einem Gespräch zwischen Hilde und Solness um die Angst vor der Jugend geht und die als Fazit zieht: lasst die Jugend rein, lasst sie an Euch ran. Das tut Josh auch und fliegt heilsam auf die Nase; denn die Jugend ist unverschämt, schamlos, betäubt die Alten in spirituellen Sitzungen.

Zum Thema Jugend gehört auch das Thema Kinder. Josh und Cornelia wollen keine Kinder mehr. In Gegenüberstellung zu befreundeten Ehepaaren mit Kindern sorgt das für Gesprächsstoff. Aber auch das Thema Dokumentarfilm und sein Ehtos verdient verschiedene Anmerkungen, wie viel Wahrheit drin sein müsse (mancher Schwindel spiele keine Rolle) oder das Ziel eines intellektuellen wie materialistischen Dokumentarfilmes.

Durchaus beeindruckend ist der malerisch sorglose Wohnraum des jungen Ehepaares mit der enormen Plattensammlung und dem Huhn Nico im Vogelkäfig. Jammie gelingt es, Josh mit einem Projekt zu ködern, ja er blendet ihn soweit, dass dieser ihm sogar einen kostbaren Interviewpartner überlässt, einen Professor mit viel historischem Wissen.

Ein Film, der wie ein angenehmes Boot durch den intellektuellen Zeitgeist rudert und viel Originalsound auftischt. Aber auch: behagliches Köcheln im eigenen Saft.

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