Amapola

Es kann der Reichste und Schönste nicht so leben wie er möchte, weil ab und an eine Welt von außerhalb eindringt.

In Argentinien gibt es eine, oder gab es zumindest, eine sehr, sehr reiche, kulturelle Oberschicht europäischen Ursprungs, kulturell orientiert an der Oper, an der Klassik, an Shakespeare.

Die Familie, um die es in diesem Film von Eugenio Zanetti geht, sind Künstler, Sänger und bewohnen einen enorm großen, weitläufigen Palast mit prächtigen Vorhallen, der auf einer Flusshalbinsel mitten im Grünen liegt. Heerscharen von Bediensteten wuseln da herum.

Ama, die Icherzählerin war 1952 ein Mädchen, die mitten in diesen perfekten Luxus hineingeboren wurde, darin sozialisiert und in diesem Leben, in diesem Reichtum, in diesen Hallen, in diesen Kostümen und Räumlichenkeiten ihre Identität gefunden hat.

Inzwischen ist die Pracht und Herrlichkeit in viele Teile zerbrochen ist. Ama versucht die Trümmerteile, die Erinnerungstücke zu verweben, zusammenzusetzen und schaut sie immer wieder an. Das ist das, was dieser Film leistet.

Einmal im Jahr haben sämtliche Mitglieder der Familie im hauseigenen Theater Shakespeares Mittsommernachtstraum aufgeführt in der Opernvariation mit reichen Kostümen, Effekten und vor auserlesenen Publikum, gesetztere Herrschaften aus derselben Gesellschaftsschicht, von der Bühne durch einen kleinen Teich getrennt, open-Air.

Eines Tages ist diese exklusive Wohlstandsecke mitten in der Aufführung von Bombern überflogen worden. Es gibt noch eine andere Welt, eine unangenehme äußere Welt. Und die muss ausgerechent in dieses Paradies eindringen. Ein andermal meldet sich diese Welt aus einen lottrigen Fernseher in den abgeschirmten Familien- und Kulturkosmos, berichtete von einem Falklandkrieg.

Ama hat immer davon geträumt, dass der Fluss ihr einen schönen Mann bringt. Der Wunsch geht in Erfüllung, ein gut gebauter Gringo, Vietnamvermeider wird angelandet.

Einmal wird das Anwesen auch geplündert, Chaos herrscht. Einmal versammelt sich die Verwandtschaft zur Beerdigung von Meme, der Großmutter von Ama, gespielt von Geralidne Chaplin.

Amas Erinnerungen quellen über mit Bildern des Prunkvollen, des Vitalen, von musicalhaften, latino-inspirierten Tänzen und Gesang, andererseits kommt ein untreuer Buchhalter vor, dem sie auf die Schliche kommt und dem sie mit einem shakespearschen Streich beikommt.

Der Film verquirlt diese Erinnerungen aus verschiedenen Zeiten und in unterschiedlichen wirtschaftlich-politischen-Situationen, als ob er daraus wiederum ein Kunststück in der perfekten ersten Zeit von Ama, als die Welt noch in Ordnung war, herstellen möchte. Es kommt alles vor, was Biographien ausmacht, Liebe, Vertrauen, Misstrauen, Musik, Gesang, Tod, Aufstand, Krieg. Auf der Suche nach einer Identität, die so vielleicht nicht wiederherzustellen ist.
Die Musik und Shakespeare sind die starken Einbände für diese exklusive Bildersammlung.

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