Ex Machina

Eine stilistisch geschmackvolle, hochakademische Erörterung über Grenzüberschreitungen künstlicher Intelligenz.

Einen eindrucksvollen Zusammenprall von künstlicher Intelligenz, einer Phantomfrau am Computer, mit einem Menschen, Joaquin Phoenix, zeigte kürzlich Her. Das ist die kribbelnde Variante, in der die Einsamkeit eines Menschen die zentrale Rolle spielt.

Bei Alex Garland, Buch und Regie, bleibt die Angelegenheit hochgradig theoretisch. Der Programmierer Caleb gewinnt bei einem Wettbewerb. Dieser ist eine etwas undurchsichtige Angelegenheit. Die Siegprämie ist von ungewissem Ausgang. Erst wird Caleb mit einem Helikopter in eine einsame Gegend geflogen, abgelegen im Gebirge. Irgendwann im Flug fragt er den Piloten, wann denn das Anwesen von Nathan komme. Die Antwort, wir fliegen schon lange darüber.

Nach der Landung muss Caleb noch lange einem Fluss folgen, bis er an einer verwunschenen Tür landet und Einlass erhält. Dafür wird ihm gleich eine persönliche Schlüsselkarte aus einem Automaten zur Verfügung gestellt. Es scheint in diesem versteckten, nicht leicht überblickbaren, stylish-futuristischen Bau keine Menschen zu geben. Caleb ist reiner Automatisierung ausgesetzt – in einem Automatisierungsniemandsland.

Er geht durch Gänge und Flure und trifft endlich Nathan, den Ausrichter des Wettbewerbes und Auslober des Preises. Nathan betreibt hier eine Forschungsstätte für künstliche Intelligenz. Mitarbeiter scheint es so gut wie keine zu geben. Auch das deutet auf ein theoretisches Konstrukt mehr denn auf Realitätsnähe. Es wird jedenfalls gegen diesen Befund auch nicht erklärt, dass das bereits eine vollroboterisierte Forschungsstätte sei.

Sechs Tage lang soll Caleb mit einem künstlichen Intelligenzwesen, einer Frau, zu Experimenten zusammenkommen. Diese Zusammentreffen sind Protokoll und Korpus des Filmes zugleich. Es sind philososphische Diskussionen, Erörterungen über künstliche Intelligenz.

Nathan beobachtet die Zusammenkünfte und Reaktionen und bespricht sich nachher mit Caleb, was er von Eva halte, ob er ihr die künstliche Intelligenz abnehme. Oft gibt es Stromunterbrüche und da fühlt Caleb sich unbeobachtet. Hier entwickelt sich so etwas wie Zuneigung zu Eva. Fluchtpläne werden geschmiedet. Am 7. Tag soll der Helikopter Caleb wieder abholen.

Die Fragen zum Thema künstliche Intelligenz sind sicher spannend und wehe, wenn die sich selbständig macht; dann hätten wir die von Faust beschworene Situation der Geister, die wir riefen und nicht mehr loswerden. Darum geht es in diesem Film.

Weil Alex Garland aber offenbar nicht ein Drama entwickeln will, so verzichtet er darauf, Caleb näher vorzustellen, seinen Charakter, seine Träume, seine Konflikte. Insofern agiert er in dem Spiel mehr als Argumentationshilfe, insofern wirkt der Film papieren, wie eine theoretische Erörterung und erinnert mich in seiner Sterilität an den Film Shirley – 13 Bilder von Edward Hopper, wobei das Bühnenbild in diesem Film an die kargen Bilder von Hopper durchaus gemahnt.

Die deutsche Synchro trägt zur Sterilität der Atmosphäre angemessen bei. Wobei Eva bildnerisch durchaus etwas hergibt, die sexy Netzstrümpfe über den gläsernen Beinen und das stramme Kettenhemd über der Brust und erst recht, wenn sie im sexy, weißen Stickereikleidchen daherkommt.

Der Selbstmordversuch von Caleb wird so aseptisch gezeigt, dass der Eindruck entsteht, er selbst sei ein künstliches Wesen, dem vorher ein Blutpatrone eingepflanzt worden ist. Ein Problem scheint mir auch die Besetzung von Nathan. Typ Naturbursche, noch dazu mit einem Gotteskriegerbart versehen, merkwürdiger Kontrast zum Thema künstliche Intelligenz. Vor allem traut man ihm das Genie, das seine Erfindung brauchen würde, in keiner Sekunde zu. Es gibt auch keine Szenen, die diesem Sachverhalt Glaubwürdigkeit verleihen. Auch hier: alles rein theoretisch und keineswegs lebenspraktisch, lebensglaubwürdig gedacht. Fiction in ihrer eigenen Welt gefangen.

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