Winnetous Sohn

Wer nix kann, der kann immer noch Kindertheater oder Kinderfilm, das ist ein Satz, der sich einem bei diesem Film, der sich tatsächlich ins Kino traut, förmlich aufdrängt.

Das kann doch ein jeder, eine Story zusammenstiefen, es müssen Kinder vorkommen, am besten ein dicker Bub und ein dünner, schauspielerisch begabt müssen sie nicht sein. Dann eine Geschichte, die etwas mit Indianern und den Karl-May-Festspielen zu tun hat, und sofort fließen unbesehen die Gelder von ZDF und Kinderkanal und von wem sonst noch immer, wo vertrocknete, verhirnte Funktionäre sitzen, die sich wie die Maden im Speck vom Filmsubventionsland breit machen.

Denn wichtiger als der Film selber sind die Begleitschreiben, die Exposés, die dem Drehbuch beiliegen, wie pädagogisch wertvoll der Quatsch doch sei, den man hier verbrate, wie förderlich für die Kinder und wie fantasieanregend und wie Indianer zur hiesigen Kinderkultur gehören. Dazu kann man André Erkau als Regisseur verpflichten (der hat schon mit Das Leben ist nichts für Feiglinge Pech gehabt).

Hier entsteht der Eindruck, dass zum einen das Buch mit wenig Ahnung vom Kinoerzählen angefertigt ist (Thomas Brix, Anja Kömmerling), ebenso die Besetzung zusammengestellt und dass aus diesen schlechten Voraussetzungen auch Erkau die Darsteller mehr zu als auf, mehr steif als glaubwürdig macht. Sprechen tun die Darsteller immerhin versuchsweise wenig übertrieben.

Mit einem Kaltstart steigt der Film bei einer Probe der Indianerspiele ein. Es passiert ein Unfall. Der Bub, der den jungen Winnetou spielt, muss ersetzt werden. Die unorganische Figur des Generals und Regisseurs versucht Uwe Ochsenknecht zu spielen, bös und humorlos bringt er die Moral in den Film, dass das Ergattern der Rolle den Buben in eine andere Welt katapultieren würde, „der Tag, der Euer Leben für immer verändern wird“. Aus den Niederungen der Alltäglichkeit hinaus in eine bessere Sphäre, die laut Moral von ZDF und Kinderkanal erstrebenswert ist.

Der Film fängt nicht mit seinen Protagonisten an, sondern mit der konfusen Probenszene mit Unfall. Dann erst wird der dicke Bub von Mama zu Elvis Ranch gebracht, einem Sommercamp im Indianerambiente. Langweiliger kann man eine Hauptfigur wohl kaum einführen unter unverzeihlichem Verzicht auf eine Charakterisierung.

Später kommt der dünne Bub dazu. Es gibt eine böse Bemerkung. Dafür wird der dünne Bub sich mit Verzögerung entschuldigen und den dicken Bub für das Casting für die Kinderrolle trainieren. Auch davon wird es einige Szenen geben.

Ab und an haben die Autoren Indianerweisheiten in den Kindermund gelegt. Das kann man aus Nachschlagewerken abkupfern. Pädagogisch wertvoll fanden die fördernden Redakteure sicher auch, dass die Eltern des dicken Buben nicht zusammenleben. Scheidungskinder, ein Zeitproblem. Kinderkino am Puls der Zeit.

Es kommen ad hoc Heldentaten vor. Der dicke Junge wird die Pferde, die ausbrechen, schlecht inszeniert aufhalten. Das wird ihm beim Vorsprechen zugute kommen.

Der Film soll den Kindern zeigen, dass sie Mut brauchen. Dick aufgetragene Moral. Dass sie gscheite, moralinfreie, nicht-didaktisch-aufbereitete Filme schauen sollen, das sagt ihnen niemand. Denn dann wäre das bequeme Geschäftsmodell dieser Macher im Eimer.

Schmerz führt zur Weisheit, heißt es an einer Stelle. Ob der Schmerz über einen so unbedarften Film bei den Machern und Förderern zu Erkenntnis führt, dass sie so ihren öffentlichen Auftrag nur unbefriedigend erfüllen, darf bezweifelt werden. Das Dauergitarrengeklimpere kann nicht darüber hinwegtäuschen. Krackelige Kinoschrift ohne jede Schnittgeschmeidigkeit oder Ahnung von Montage. Der Film verführt zu dem Satz: Wer nix wird, wird Wirt – oder ZDF- und Kinderkanal-Kinderfilmemacher.

Rote Karte des Zwangsgebührenzahlers.

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