Selma

USA 1965. Dr. Martin Luther King hat eben den Friedensnobelpreis erhalten. In den Vereinigten Staaten gelten theoretisch die gleichen Rechte für Schwarze und Weiße. In der Praxis aber werden die Schwarzen durch unendliche Tricksereien der weißen Administration in vielen Staaten vom Wahlrecht ausgeschlossen. Es bedürfte eines Wortes, einer Vorlage von Präsident Johnson, um das zu ändern.

Dr. King will nun einen Fall des verwaltungstechnischen Ausschlusses vom Wahl- und Stimmrecht in Selma, Alabama, zum Anlass nehmen, den Präsidenten gewaltlos unter Druck zu setzen, endlich seine Stimme für die Durchsetzung des gesetzlich garantierten Rechtes zu erheben.

Die Aktion wird in einen Marsch von Selma auf Montgomery, die Hauptstadt von Alabama, münden, der beim ersten Versuch blutig niedergeschlagen wird, aber durch die nationalen Fernsehsender Aufsehen erregt.

Beim zweiten Versuch marschieren bereits viele Weiße mit, vor allem Kirchenleute. Auch der wird abgebrochen, weil Dr. King der Freigabe der Edmund Pettys Brücke durch die Polizei misstraut.

Drehbuchautor Paul Webb hat diesen Vorgang zur gewaltlosen Durchsetzung eines demokratischen Rechtes höchst sorgfältig zu einem spannenden Drehbuch umgearbeitet. Hier kommen die verschiedenen Positionen, die der Gewalt und die der Gewaltlosigkeit, die für die Bürgerrechte und die für die Unterdrückung derselben dialektisch und die Handlung vorantreibend bestens und schön nachvollziehbar zur Geltung, in modellhafter Klarheit. Auch die hinterhältigen Machenschaften der Politik, die Überwachung von Dr. King, der Versuch, Unfrieden in seiner Familie zu stiften, Angebote von Deals sowie die Diskussion unter den Schwarzen, die Gewaltposition von Malcolm X oder eben die der Gewaltlosigkeit von Dr. King, auch Übungen, wie mit Polizeigewalt umzugehen sei, werden gezeigt. Der Fall ist wie didaktisch aufbereitet, Wort für Wort gründlich.

Ava DuVernay inszeniert die Geschichte mit einem stimmigen Ensemble als großes Startheater; für unseren europäischen Geschmack allerdings zu pathetisch, ein schwerblütiges Melodram; aber sie lässt den Figuren auch genügend Zeit zum Denken, für innere Konflikte und hält so oft die Frage „wie weiter?“ in der Schwebe; spannungserzeugend wie im Krimi; ein Krimi und gleichzeitig eine Lektion in angewandter Demokratie, deutlich duchbuchstabiert, wie in Zeitlupe die Vorgänge untersucht, Aktion, Reaktion und dabei immer Würde zeigend.

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