Hier sind junge Horror-Enthusiasten am Werk, die sich für gediegene, feine Horrorästhetik, keinesfalls aber für Horrorspannung interessieren.
Der Vorgängerfilm Die Frau in Schwarz ist noch gut in Erinnerung. Jetzt hat ein neues Team, sowohl hinter als auch vor der Kamera, die Möglichkeit erhalten, auf der Grundlage einer weiteren Geschichte derselben Autorin, Susan Hill, ein Sequel zu drehen.
Die Regie führte diesmal Tom Harper nach dem Drehbuch von John Croker. Diese Filmemacher sind vielleicht ein Stück weit Frischlinge in der Branche zu nennen; jedenfalls noch keine ausgebufften Altherren, die die Tricks filmischen Erzählens aus dem Effeff kennen. Und also sind sie womöglich noch Suchende, haben teils nur vage Vorstellungen vom Horrorgenre und haben ganz offenbar auch nicht systematisch überlegt, wie auf der Leinwand glaubwürdig Grusel und Gruselspannung herzustellen ist. Wie der Schauder über alltägliche Situationen in das Leben der Protagonisten und damit ins Zentrum der Gefühlswelt des Zuschauers eindringen kann. Das will hier nicht so richtig gelingen, trotz teils umwerfend schöner, grandios düsterer, traurig-grauer Farbaufnahmen; so, dass zwischenzeitlich der Verdacht keimt, hier ist Horrorspannung mit Farbgebung, resp. mit Farb- und Lichtentzug verwechselt worden.
Die Horroreffekte aus dem Nichts, Gegenstände, die rumknallen, Elektrizität, die nicht tut oder blitzt, sind hier ineffizient und noch dazu miserabel getimt eingesetzt. Eine genaue Analyse des Scheiterns dieses Horrorversuches wäre sicher zu aufwendig, da sie ja gegen die Schönheit der Bilder argumentieren müsste.
Immerhin so viel. Der Vorgängerfilm begleitet Radcliff lange im Zug ins Gebiet des Horrors. Die Zugfahrt lässt die Erwartung steigen, umso mehr, als sie stinknormal wirkt. Mit nichts versuchten jene Macher anzudeuten, dass sie Horror im Sinn haben. Sie interpretieren den Horror nicht, was im Sequel bei Croker und Harper möglicherweise eine der Handlungen war, nein, im ersten Film passiert er sozusagen gezwungenermaßen, weil die Story genau am richtigen Ort landet.
Hier im Sequel erleben wir erst eine Bombennacht in London, mithin Horror der nicht steigerbaren Art, echten Horror. Dann sollen zwei kinobildhübsche und entsprechend angezogene Britinnen eine Schar von Kindern mit dem Zug aus London hinaus begleiten, weg vom Horror. Die Kinder sollen in eben dem Horrorhaus des Vorgängerfilmes untergebracht werden, das nur über einen langen Damm vom Festland aus zu erreichen ist, der nur bei Ebbe passierbar ist.
Bis zum Erreichen des Horrorhauses erleben die Kinder bereits eine Fülle alltäglichen Horrors, vom Bombenhagel in London über das Gedrängel beim Einsteigen in den Zug, das Aussteigen, das Umsteigen in den Bus bis zum Erreichen des Horrorhauses und nicht zu vergessen: die Begleiterinnen.
Hat der Vorgängerfilm als Exposition eine vertraute, alltägliche, ruhige Situation gewählt, so wird hier mit Kriegs-, Verkehrs- und Erziehungshorror begonnen, dem mit keinem noch so geschmack- und stilvollen Kinohorror und entsprechend zauberhafter Horroratmosphäre begegnet werden kann.
Dieser Film hat sich vielleicht im Morgendussel zwei linke Schuhe angezogen, die er vom Künstlerischen, was die Macher uns bieten, so gar nicht verdient hätte. Zusätzlich erzählt er Geschichten, die ablenken vom Horror, die Liebesgeschichte der jungen Begleiterin mit dem Psychologen, das ist Roco, die so im Horrorgenre deplaziert wirkt. Auch andere Figuren erzählen aus ihrem Innenleben, was jedoch in keinerlei Wechselwirkung zu dem Horror steht, so dass er als dramturgischer Impuls wirksam werden könnte. Auch die ältere der beiden Begleiterinnen, die von ihren privaten Geschichten, von ihren Eltern erzählt. Als psychologische Erläuterung zum Horrorvorgang gedacht? Auch die Absturzgeschichte des Piloten ist nicht weiter hilfreich für das Zünden der Horrorladung des Filmes, kann den Horrorblindgänger nicht verhindern.