Exodus – Götter und Könige

Zweieinhalb Stunden lang dreht Ridley Scott nach einem Drehbuch von Adam Cooper, Bill Collage, Jeffrey Caine und Steven Zaillian den Zuschauer durch den Altertumsfleischwolf und will ihm mit computeranimierten Plagen Angst einflößen; allerdings wirken diese, ob Frösche, Fliegen oder Heuschrecken, eher niedlich, weil die Computeranimation sich längst abgeschliffen hat im Zuschauerhirn.

Überhaupt, wenn solche Geschichten religionsstiftend gewesen sein sollen, so törnen sie eher ab, richtig gruselig kommen sie einem vor.

Als „Exodus“ in den späten 50ern, frühen 60ern des letzten Jahrhunderts als Monumentalfilm auf den Markt kam, da war der Werbeaufhänger, dass die Teilung des Meeres, wenn Moses die Hebräer ins gelobte Land Kanaan führt, in einem See in Hollywood mechanisch hergestellt worden ist. Das hat den Film in jedermanns Bewusstsein gehievt.

In der jetzigen Adaption ist allerdings nicht recht ersichtlich, was hier die Gemüter noch aufrühren soll. Der Zuschauer ist inzwischen enorm abgebrüht. Viel neues Bildwerk ist den Machern nicht eingefallen. Scott fängt bald mit einer Schlacht an. Dann wird es einen Moment lang spannend, wie nämlich beim Pharao eine Nachbesprechung stattfindet. Das zwingt kurz zu aktiver Aufmerksamkeit. Dann nimmt die Story ihren Lauf.

Die Exposition ist jetzt klar. Die Pharaonensöhne Ramses und Moses sind keine genetischen Brüder. Ramses ist der echte Sohn, Moses wurde am Hofe als Sohne aufgenommen. Wobei der Pharao Moses für den besseren Führer hält. Vermutlich hielt er das Kaugummikauen von Ramses für zu amerikanisch.

Moses erfährt bei einem Besuch bei den seit Jahrhunderten versklavten Hebräern, dass er selber zu ihnen gehört. Das wird seine Position am Palast unmöglich machen im Moment, wo Ramses auf den Thron kommt und ihm dies von John Torturro, der einen ulkigen Stadthalter von Pitom, wo es so stinkt, spielt, hinterbracht wird.

Ridley Scott scheint mehr die Hersausforderung der Monumentalität denn der Inhalt der Geschichte interessiert zu haben, wobei auch er sich allzu schnell in allzu bekannten Bildwelten verfängt. In 3D sind diese oft Zerrspiegelungen ausgesetzt, besonders bei Feuer oder wenn die Kamera sich schnell bewegt.

Vielleicht werden die Zuschauer darüber diskutieren, ob man die Gotteserscheinung mit einem Buben besetzen kann. Geschenkt.

Die aufregendsten Action-Bilder gelangen Scott, wie Ramses und seine Soldaten auf den Kampfwagen den ausziehenden Hebräern folgen, da kommt der Schauspieler des Ramses auch gut als Action-Darsteller rüber. Und natürlich freut man sich, wie dieses rasende Heer auf den eng gewundenen Bergstraßen an abschüssigen Abhängen entlang donnert. Die Erwartung, dass es einige aus der Spur haut, wird bald auch erfüllt, aber da kennt Scott wieder keine Grenzen, wobei er doch noch Personal braucht zum Ertrinken im später sich wieder füllenden Meer. Da hat er zahlenmässig massiv getürkt.

Um die Computeranimationen nicht in die Ecke der Niedlichkeit zu drängen, müssten sie wahrscheinlich viel besser dosiert werden und vor allem müsste die Geschichte drum herum sich gründlichst mit den Charakteren der Figuren und ihren Eigenschaften und Konflikten beschäftigen und dies nicht nur plakativ, kursorisch pointieren, eine vorgeblich biblische Geschichte bebildernd.

Gegen patinierte Vorstellungen von biblischer Geschichte setzt Scott Slang-Befehle wie in der US-Army, wenn Moses an der Spitze sein Volk nach Kanaan führt, „forward“ brüllt er oder „we need to cross here“ und „we need to cross now“, was eher an Kriegsfilme denken lässt – we need to believe in Monumentalfilm now! Das nach Monumentalität strebende Bildwerk wird eingelullt in eine übliche Groß-Kino-Sound-Wolke.

Diese Film ist sicher niemandes Herzensprojekt, ein kaltes Industrieprodukt mit einem kruden Mix aus internationalen Stars, der sich an Zeiten orientiert, als es noch richtige Stars gegeben hat, Rezepte, die vor 50 Jahren funktioniert haben mögen. Monumentalität um der Monumentalität willen statt geistiger Meisterung des Stoffes.

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