Die Entdeckung der Unendlichkeit – The Theory of Everything

Von dem Film möchte man nicht zu viel verraten, zu stark ist das Schnippchen, das Stephen Hawking den Todesprognosen seiner Ärzte (1963: er habe mit der Krankheit ASD noch zwei Jahre zu leben) schlägt. Aber wer sich biographisch auskennt bei Hawking, der weiß eh Bescheid.

Der Film ist auch eine schallende Ohrfeige für den jüngsten deutschen ASD-Film Hin und Weg, eine doof-Dümpelei, wogegen der britische Optimismus, hier wie zum Beispiel auch in Pride eine gewaltige Wirkung entfaltet.

Dieser Film von James Marsh nach dem Drehbuch von Anthony Mc Carten bebildert Jane Hawkings Biographie über ihren Mann, den berühmten Physiker und Zeit-Philosophen Stephen Hawking. Der Film hält sich nicht lange auf mit Vorgeplänkel. Schnell schildert er die Atmosphäre in den frühen 60ern in Cambridge, Studienanfang, Mädchen kennenlernen, Stephen ist ein Genie (er wird dargestellt von Eddie Redmayne, von der Maske her authentisch ausgestattet mit leicht schräger Intellektuellenbrille und großen Augen dahinter).

Stephan hat Jane, Felicity Jones, noch gar nicht richtig kennen gelernt, so zeigen sich bei ihm erste physische Versagen, er kann einen Kugelschreiber oder eine Tasse nicht greifen, bald schon knickt er mitten im Gehen ein. Die Untersuchung von 1963 ergibt ASD, die Prognose der Ärzte lautet: noch zwei Jahre zu leben, wobei die Beherrschung des Körpers immer weniger, er aber geistig bei vollem Bewusstsein bleiben wird.

Stephen will sich verstecken. Aber er kommt mit Jane zusammen. Sie ist bedingungslos verliebt, lässt sich von der Krankheit nicht abhalten. Der Film bleibt vor allem im privaten Bereich. Parallel macht Stephen in der Wissenschaft von sich reden mit seinen Fragen nach der Zeit, ob sie einen Anfang habe oder nicht, damit verbunden die Frage, ob es einen Gott gebe oder nicht, wenn die Zeit einen Anfang hat, dann muss es einen Schöpfer geben, wenn nicht, dann nicht; aber man kann im Laufe eines Wissenschaftlerlebens seine Meinung ändern.

Der Film wird in der Folge zu einem Papierserviettenfilm, man könnte alle seine Bilder auf Papierserviette drucken, so illustrativ läuft es dahin. Da ist der Organist von der Kirche und der Leiter des Kirchenchores. Ihm ist die Frau vor einem Jahr an Leukämie gestorben. Und Stephen ist Musikfan. Einen Helfer braucht die Familie sowieso, denn längst ist Stephen im elektrischen Rollstuhl, muss ins Bett oder ins Bad oder auf die Toilette gehoben werden. Zwischen Jane und Jonathan, Charlie Cox, entwickeln sich Gefühle, denn Ehemann Stephen ist schwer behindert und der Tod kann nicht mehr lange auf sich warten lassen.

Jane und Jonathan campen sogar zusammen, wie Stephen in Bordeaux eine Ehrung entgegennimmt und ein Wagnerkonzert besucht. Dort bricht er zusammen. Jetzt wird es dramatisch. Die Ärzte schlagen vor, die Luftzufuhr abzustellen, da sonst nur noch eine Tracheotomie helfen könne, ein Schnitt in die Luftröhre, woraufhin Stephen die Sprache verlieren würde. Jane ist unerbittlich und besteht auf dem Eingriff und auf Rückführung des Patienten nach Cambridge.

Das ist noch lange nicht das Ende. Wo in den Jahreszahlen wir uns inzwischen befinden, darüber lässt der Film, der wohl mit dem Zuschauer ein ähnliches Spiel spielt, wie Stephen mit dem Schicksal, klugerweise im Unklaren. Und hält so unerwartete, dramturgische Entwicklungen bereit, die die ganze Größe dieser Menschen zeigt, die von den intelligenten Darstellern hervorragend gespielt werden.

Ein Film auch über die Fragwürdigkeit von ärztlichen Todesprognosen.

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