Den Haag führt den entscheidenden Schlag gegen ein ganzes Hollywood-Genre, welches den gesetzlosen Arm des Gesetzes in höchsten Tönen besungen und bebildert hat.
Der Oberbösewicht und Kriegsverrecher Stonebanks soll nach den Direktiven des CIA von dessen geestzlosem Arm, den Expendables unter Sylvester Stallone alias Barney Ross als Inhaber von Ross-Aviation, lebend vor den internationalen Strafgerichtshof gebracht werden. Wenn auch die USA diesem immer noch nicht beigetreten sind, so dringt das Bewusstsein davon offenbar doch ins Action-Genre ein und versetzt ihm gleichzeitig einen empfindlichen Schlag, so dass der vorliegende Film eher wie ein Abdankungskränzchen unter Veteranen wirkt, die einen alten Liebling zu Grabe tragen, wobei sie nochmal zeigen, was sie sich im Genre alles so angeeignet haben, die gewisse Selbstironie, den Glauben an das Team, stramme Pointen, die Kommandi, dass es los gehen soll, das Gespür, dass die anderen einen brauchen; denjenigen unter den Zuschauern, die Filmerlebnisse mit den alten Kämpen verbinden, dürfte ganz warm ums Herz werden.
Sylvester Stallone, der noch eine gewisse physische Beweglichkeit aufweist, hat mit einem kleinen Stab von Ko-Autoren ganz rührend versucht, eine Geschichte des Nochmal-Ranmüssens zu schreiben. Er fängt mit einer ausgereift packenden Actionszene an, dem waghalsigen Kidnapping eines Gefangenen aus einem gepanzerten und hochgesicherten Gefangenenzug. Den Häftling braucht er für einen Auftrag in Somalia.
Allerdings wurde ihm die Zielperson unter einem falschen Namen bekannt gegeben. Es handelt sich um den Ex-Expendable Stonebanks, der sich selbständig gemacht hat, der für Geld alles tut und der wegen Kriegsverbrechen vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag gesucht wird. Das wissen Stallone und seine Mitsenioren allerdings zu diesem Zeitpunkt noch nicht; die Mission misslingt. Sie können die Zielperson weder ausschalten noch gefangen nehmen.
Ross‘ Jagdinstinkt ist allerdings geweckt, jetzt möchte er Stonebanks erledigen; wobei ihm vom CIA auferlegt wird, ihn lebend dingfest zu machen. Stallone will es mit einer verjüngten Truppe versuchen, lange dauert das etwas betuliche Casting von Nachwuchs; so recht scheint den alten Stars nicht daran gelegen zu sein, andere neben sich aufblühen zu lassen, obwohl sie so tun als ob – paternalistische Verhinderungskultur; aber auch die wird thematisiert; denn es gibt genügend vermeintlich ernsthafte Dialogszenen, eher bieder würde ich sagen und ehrenwert als aufregend aber mit ein paar niedlichen Pointen.
Die Erfahrung hat Stallone, dass er gut vorbaut für das große Finale, das große Actionfinale. Es findet statt irgendwo in einer Republik im Osten. Es sind unglaubliche Heldentaten, die er seine Supporter vollbringen, zu denen inzwischen auch die übriggebliebenen Expendables und noch andere gestoßen sind. Es ist als entkämen sie dem Kessel von Stalingrad.
Nur das mit Den Haag, das klappt diesmal noch nicht. Dazu wird es vielleicht noch eines Expendables 4 bedürfen, um das Seniorenaction- und Reminiszenzengenre endgültig zu Grabe zu tragen.
Dass es sich um eine Gedenk- und eine Erinnerungsveranstaltung handelt, auch das thematisiert der Film; das demonstrieren die verschiedenen „Tags“ der verstorbenen Mitglieder, die alle nebeneinander an einer Schnur im Flugzeug der Ross-Aviation baumeln und die im Abspann bei den Namensnennungen noch einmal aufgenommen werden als Sujet.
Bye bye Action. Zwischen den vielen Dialog- und Gesprächsszenen gibt es im ersten Teil noch Hafenaction in Mogadischu mit einem gekaperten Containerkran und einem Container dran. Eine nette Hollywood-Senioren-Freizeit. Yeah, it is all under Control! Das ist die beruhigende Message, die der Film aussenden will