Zwei Gründe warum mir dieser Film von Hossein Amini nach dem Roman von Patricia Highsmith vorkommt wie eine Zusammenstellung von erstklassigen Einzelleistungen (Kirsten Dunst als Colette MacFarlan, Viggo Mortensen als Chester MacFarland, Oscar Isaac als Rydal, dazu wohlorchestrierte Musik von Tahira Herold).
Zum einen ist mir der letzte Griechenlandfilm, den ich gesehen habe, noch als extraordinär präsent, das war Before Midnight von Richard Linklater: wie er sich für seine Figuren in Korrelation zu den Darstellern interessiert, das ist nicht so leicht zu toppen: dagegen wirken die Darsteller hier, wie eigens zum Behufe vor die Leinwand geholt, um die Story, die sich als gut gebaut erweist, zu markieren; im Vergleich zu Linklater liefern hier die Darsteller, zwar auf hohem Niveau, lediglich ab. Das mag einerseits daran liegen, dass Hossein Amini noch keine Regieerfahrung hat, er ist bis jetzt als Drehbuchautor bekannt, zum Beispiel von Drive.
Der zweite Grund warum mich der Film auf ziemlich unbeteiligte Distanz verwiesen hat, dürfte die Exposition der Geschichte sein, die Drehbuchbearbeitung. Dass Amini sich nicht für eine Hauptfigur entscheidet, die mit ihrem Konflikt den Zuschauer in Bann zieht und den Spannungsbogen aufrecht erhält.
Hosseini stellt seine Figuren in unverbindlichen, problemlosen Szenen vor. Rydal, den Amerikaner, wie er Touristen durch Athen führt und das ebenfalls amerikanische Ehepaar MacFarland wie sie in Athen ihren touristischen Pflichten nachkommen. Irgendwann treffen sich die Blicke von Rydal und Chester. Rydal ist wie magnetisiert, aber das den Zuschauer auch empirisch nachvollziehen zu lassen, das leistet der Film nicht. Er flicht zwar in ein Gespräch zwischen Rydal und seiner Freundin ein, dass Rydal durch Chester, den er in diesem Augenblick noch nicht kennt, an seinen Vater erinnert werde. Diese Vatergeschichte wird an weiteren Punkten, allerdings lediglich informativ, weitergesponnen, das unglückliche Verhältnis, dass Rydal nicht zu dessen Beerdigung gegangen sei.
Sonst aber wird lediglich ganz sauber dargestellt, eine Kriminalgeschichte entwickelt, die diese persönliche Motivation weitgehend außer Acht lässt. Rydal kommt tatsächlich ins Gespräch mit den McFarlands und bietet sich ihnen als Reiseleiter an. Die buchen ihn auch. Theoretisch wissen wir, dass der Grund, warum Rydal dran bleibt, seine unerledigte Vatergeschichte ist.
Einmal hilft der Zufall weiter. Bei der Stadttour hat Colette einen Ring im Auto liegen lassen. Den will Rydal ihr zurückbringen. Das ist der Moment, in welchem die erste Leiche ins Spiel kommt. Denn McFarland wird von betrogenen Geldgebern gesucht, ein Detektiv hat ihn aufgespürt und dieser wird das Hotel nicht lebend verlassen. Bald wird Rydal zum Mitwisser.
Die Angst vor der Entdeckung treibt das Trio auf eine griechische Insel. Rydal will den McFarlands falsche Pässe verschaffen. Die Nerven werden strapaziert durch Zeitungs- und Radioberichte über den Mord am Detektiv. Die Zuspitzung der Situation erfolgt professionell. Die Szenen bei Grenz- und Polizeikontrollen sind auf gedehnte Spannung getrimmt, werden sie erwischt oder geht es nochmal gut aus?
Das Hauptmanko scheint mir das Fehlen der Analyse des Charakters von Rydal, der Spannbreite seiner Probleme. Das wird hier nicht geliefert. Er ist lediglich ein gut aussehender 0815-Typ. Deshalb scheint mir der Film für ein heutiges Kino schlicht zu anspruchslos. Auch wenn Patricia Highsmith als Namensgeberin des dem Drehbuch zugrunde liegenden Romans angeführt wird. Im Fernsehen dürfte der Film sicher gute Figur machen.