Enemy

Ein Mann entdeckt in einer Filmszene einen Mann, den er für das spiegelhafte Abbild seiner selbst hält. Er fängt an, über ihn nachzuforschen, ihn zu stalken, ihn anzurufen. Sie lernen sich kennen. Es gibt Vorstellung des Partnerwechsels. Der erste Mann ist Geschichtslehrer, er doziert an der Uni über Tyrannei und Manipulation, über Brot und Spiele, über Zensur und Niedrighaltung des Bildungsniveaus, über Hegel und Marx, letzterer habe aus Hegels Tragödie die Farce herausgestellt, er schaut oft etwas schuldhaft. Der andere ist ein Schauspieler mit Frau und Kind.

Dem Film ist das Motto vorangstellt: „Chaos ist Ordnung, jedoch unentschlüsselt“.
Beide Männer, die von Jack Gyllenhaal gespielt werden, Anthony und Adam, wohnen in ähnlichen, hier fast abstrakt auf graphische Elemente reduziert abgebildeten, anonymisierten Hochhäusern; dieses Augenmerk auf das Graphisch-Architektonische lässt die Leben der beiden Männern mit ihren sehr ähnlichen Blondinen als Gespielinnen oder Gattin, wobei bei Adam auch die Mutter noch ein Wörtchen mitredet, recht austauschbar erscheinen in einer Boomtown, wie sie überall auf der Welt am Sprießen sein könnte.

Oft Stills, die Figuren im Für-Sich-Sein kurz dazwischen geschnitten. Die Milieus sind als sehr ähnlich aufgenommen und inszeniert; was allerdings der Lebenserfahrung, dass eineiige Zwillinge phänotypisch durch unterschiedliche Lebenswege sich doch unterscheiden, widerspricht; so wird klar, dass es sich hier mehr um eine gedankliche Spielerei handelt, mehr um eine theoretische, exposéhafte Erwägung, Expriment, Behauptung, Skizze eines hypothetischen, männlichen Identitätsproblems; der Geschichtslehrer fühlt sich nicht ganz so männlich, das schleudert ihm die Schwangere um die Ohren; ein Crash wird das Problem lösen. Der Schauspieler steht da doch etwas mehr im Leben, er hat ein Kind gezeugt.

Was ich nicht verstehe, warum Adam von Anthony so angefixt ist, er schien ja in seinem Beruf und mit seiner Freundin einen Lebensmodus gefunden zu haben; wurde jedenfalls nicht so dargestellt, dass dringend etwas gelöst werden muss. Ein bisschen kommt mir das geschmäcklerisch vor, ästhetizistisch. Es fehlt das Andocken zum empirischen Leben.

Gepflegte Literaturverfilmung von Dennis Villeneuve nach dem Drehbuch von Javier Gullón, der wiederum den Roman von José Saramago als Vorlage hatte und mit den entsprechenden, klassischen Musikinstrumenten begleitet. Es kommen auch männliche Visionen vor von einer Frau mit Spinnenkopf, die an der Decke geht, eine große Spinne, alles nur Einbildung, alles nur Minderwertigkeitskomplexkompensation? Denn am Schluss ist statt Helen die Spinne im Nebenzimmer. Ja, war wohl alles nur Einbildung in einem armen kleinen, männlichen Historikerhirn.
Was ist der Reiz dieses Identitätskonflikt? Denn weder das Thema Narzissmus, noch homoerotische Wünsche werden hier behandelt. Geht es dem Titel entsprechend um den Mann, der sich selbst der Feind ist?

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