Miss Sixty

Seniorinnenstammtischunterhaltung; Mutterfantasien von 60jährigen.
Von öffentlich förderungswerter Filmkunst dürfte hier in keinerlei Hinsicht gesprochen werden; Missbrauch der Rundfunkzwangsgebühr.

Eine Themenkomödie. Kinderlose Frauen, in denen mit 60 der Mutterwunsch aufkeimt. Ist heute physiologisch möglich, wenn frau im richtigen Alter Eizellen eingefroren hat und einen Samenspender ausfindig macht und sich noch etwas Hormone spritzen lässt. So weit zum Sachgehalt dieses Filmes von Sigrid Hoerner nach einem Drehbuch von Jane Ainscough.

Was heißt hier Drehbuch, was heißt hier Komödie und warum dürfte sie über ihr Zielpublikum hinaus, Frauen, wie vorhin beschrieben, wenn überhaupt, kaum auf Resonanz stoßen? Weil Ainscough und Hoerner unter Komödie offenbar verstehen: zwei Personen tauschen Texte aus, die Regisseurin stellt diese beiden Figuren ohne ersichtlichen Handlungszusammenhang vor die Kamera, wenn man die Hände runterhängen sieht, kann man ab und an beobachten, wie die Darsteller mit ihren Fingern nervöse Bewegungen machen, Übersprungshandlung, um einen gelernten Text möglichst einwandfrei rüberzubringen, Hinweis auf ungeklärte Diskrepanz zwischen Darsteller und Rolle.

Die Dialoge bestehen überwiegend aus themenverwandten Pointen, gerne auch mit dem Holzhammer, 6 und 60. Figurkontinuität spielt keine Rolle. Das hat zur Folge, dass wenn die beiden Protagonisten Iris Berben als Louise Jensen und Edgar Selge als Galerist Frans Winter Szenen spielen, aus eins plus eins immer nur zwei wird, so hochprofessionell spielen sie aneinander vorbei.

Erotische Spannung wäre gegen die Komödienmechanik. Diese Beobachtung gilt auch für den Rest des Castes. Das mag an der Regie liegen, die lediglich an der richtigen Betonung der Pointen interessiert schien, wodurch die Texte schnell etwas Aufgesagtes haben. Zudem ist die Mutter von Louise Jensen mit einer reinen Knallcharge von Figur besetzt.

Die Geschichte kommt mir zusammengekrampft vor. Luise Jensen arbeitet an einem wissenschaftlichen Forschungsinstitut und lebt, obwohl sechzig, noch mit ihrer Mutter zusammen. Vom Institut wird sie anlässlich ihres Geburtstages hinauskomplimentiert, in den frühen Ruhestand versetzt, die Intrige einer jüngeren Kollegin und des Chefs, der vor allem dadurch auffällt, dass ihm immer Essensreste im Bart hängen bleiben, was später zu einer Graffiti-Aktion am seinem Auto durch Luise führen wird, so keck sind die 60jährigen.

Beispiel für die Humorlage: unförmige Ruheständler sind in Unterwasseraufnahmen bei der Wassergymnastik zu sehen, da schwimmt ein Gebissteil vorbei. Dafür werden wir von Gesetzes wegen gezwungen, monatlich eine Rundfunkgebühr zu bezahlen.

Figurdiskontinuität: Edgar Selge versucht mit viel zu vielen Verrenkungen einen Hexenschuss zu mimen, der ist dann wieder plötzlich wie verschwunden, und dann kommt er wieder. Wer einen Hexenschuss hat, geht lange vorsichtig, vorbeugend, das durchzuspielen wäre aber für die öffentliche Gage wohl zu anstrengend; als Gegengewicht versucht er unvermittelt sportlich, leichte Bewegungen; nach der Lebenserfahrung müsste sich der Hexenschuss bei einer einzigen unvorsichtigen Bewegung wieder melden, tut er aber nicht; Hexenschuss nach Darstellers Belieben.

Das Geschichtskonstrukt. Der Galerist Frans Winter holt sich den Hexenschuss bei einer krampfig inszenierten Bumserei mit seiner Assistentin. Es gibt noch eine Nebengeschichte in der Galerie mit einer Ausstellung, die themenfremd ist zum Film mit einem Künstler, der einen Papagei spielt. Der Sohn von Frans ist Samenspender. Luise erhält nach ihrem Abgang vom Job noch ihre vor 40 Jahren tiefgefrorenen Eier. Diese will sie mit dem Samen des Spenders vereinen und austragen. Mit extrem anstrengenden, dramaturgischen Winkelzügen versucht nun die Autorin Jane Ainscough die Winters und die Jansens mehrfach zusammen- und wieder auseinander- und wieder zusammenzubringen, was ohne jeden Entertainment-Mehrwert vollzogen wird.

Der Zwangsgebührenstar Selge grinst etwas viel, versucht diesen Filmblick-in-die-Ferne und ist von Szene zu Szene anders gebräunt. Die Autorin muss sich das so gedacht haben: diese zwei Figuren Luise und Frans, die sollen sich mehrfach begegnen, erst sich ablehnen und nicht mögen und später dann zusammenkommen. Dazwischen übt Luise mit einem Übungsbaby und einem Schwangerschaftsbauch. Das Baby hat sie von einer Riesin von Frau erhalten, die Übermutterfigur in der Komödie. Könnte komisch sein, wenn sie denn mit dieser Art von Besetzungskomik nicht so allein stünde.

Motto des Filmes, diesem vorangestellt: „Es ist doch so, tief im Inneren wird man nie älter als 18“. Holzhammerkomödie: Du hast ihren linken Daumen gehauen, sie hat meine Zentrifuge angefasst. Igitt, so lautet 18 mit 60.

Noch Pointe gefällig, die auf die Seelenlage der Autorin schließen lässt: das einzige, was Männer haben können und ich nicht, das ist Prostatakrebs. Wat haben wir jebrüllt. Komödie, die frieren macht, die auf Bleifüßen daher kommt. Ausstattung gruftig. Zwischen zwei Hexenschussszenen steht Selge ganz locker, die Hände in den Hosentaschen an einen Türrahmen gelehnt, also die Regisseurin hat ihn vermutlich dort so platziert. Stehpartydialoge. Aber das entfernte Lippen-Piercing, da hält der Schmerz auf der Zunge, obwohl sie eines der am schnellsten regenerierenden Teile des Menschen sein dürfte, da hält die Sprechhinderung jedoch, weil Selge sie so lustig findet, noch über Szenen an: das Provinztheater könnte das nicht zweitklassiger.

Steve McQueen ist über eine Phase des Filmes ein Runninge Joke. Was hat denn dieser oberflächliche Film mit „12 Years a Slave“ zu tun, der dieses Jahr bei den Oskars abgeräumt hat? Was hat der mit 6/60-Witz-Kino zu tun?

Rote Karte des Zwangsgebührenbezahlers für viel zu schlecht gearbeteiteten Film.

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