Molière auf dem Fahrrad

Schauspielerschnurren.
Wie ein gemütlicher Hock oder Plausch mit zwei arrivierten Schauspielern, die eine größere Drehpause nutzen, resp. einem Regisseur, Philippe Le Guay, der die Idee zum Film mit dem einen der beiden Protagonisten, Fabrice Luchini als Serge Tanneur, ausgeheckt und darauf das Drehbuch geschrieben und inszeniert hat.

Tanneur hat sich in die Normandie in ein kleines Kaff zurückgezogen. Er war ein erfolgreicher Schauspieler. Von der Bühne hat er Abschied genommen. Er verbringt seine Tag garantiert ohne Fernsehen, ohne Anschluss an die öffentliche Kläranlage mit Malen und Puzzles; nur, rein glücklich scheint er nicht zu sein. Sein Negativmotto ist, keine Bühne mehr.

Vor sechs Jahren hatte Tanneur noch in Prag gedreht. Dabei hatte er den Kollegen Lambert Wilson kennen gelernt. Dieser ist ein typischer Beau, immer gut sitzende Frisur, muss nie viel machen, vor allem da stehen und gut aussehen, die Muskeln drei bis vier Mal im Fitnessstudio trainiert. Der möchte für eine Tourneeaufführung den Menschenfeind von Molière inszenieren und er möchte Tanneur unbedingt als die seiner Ansicht nach negativere Figur, den Philinte besetzen.

Tanneur allerdings hatte immer davon geträumt, die Hauptrolle, den Alceste, zu spielen. Hat er aber nie gekriegt. Hat ihm keiner zugetraut. Jetzt taucht der Kollege, der ihn nicht vergessen hat, Lambert Wilson, gespielt von Gauthier Valence, im Kaff auf. Wilson ist auf dem Höhepunkt seiner Popularität wegen der Rolle eines Gehirnchirurgen in einer Fernsehserie. So bekannt wie seinerzeit Klaus-Jürgen Wussow als Schwarzwalddoktor.

Der Hauptteil des Filmes sind nun seine Versuche, den Kollegen Tanneur zur Rolle zu überreden. Tanneur lässt sich immerhin auf Proben ein. Und so wird es viele, viele, Leseproben geben mit ständig wechselnden Rollen, sie spielen Kopf oder Zahl vor jeder Proben, wer wen liest. Für genaue Beobachter wird sich auch zeigen, wie die Darsteller langsam in die Rollen hineinwachsen.

Dazwischen gibt es Fahrten mi dem Fahrrad, auch mit einem ohne Bremse und der Star lässt sich auf ein Interesse für Immobilien ein, lernt dabei die attraktive Italienerin Francesca kennen, die aber behauptet, die Italiener würden keine französischen Schauspieler kennen.

Zwischendrin springen ein paar Schauspieleranekdoten ab oder auch pinggelige Kritik von Tanneur am Kollegen, wenn es um die 12 Silben des in Frankreich und bei Molière heiligen Alexandriners geht.

Zwischen dem Probenstaub und den Alexandrinern wird immer wieder mit Ausflügen ans Meer, in die Dünen, zu den Salzgewinnungsanlagen Luft zum Durchatmen gegeben und logisch, dass die beiden Herren Francesca gegenüber nicht ohne Gefühle bleiben können.

Weitere Zutaten zu diesem vergnüglichen Schauspielertreffen sind das Thema Vosektomie, Fans des Stars, ein junges Mädel, was bereits X-Filme macht (Pornos), die Agentin in Paris, der Immobilienmakler, der Taxifahrer, der den Star um einen Gefallen bittet und bei Erinnerung daran vom Star ein Veilchen verpasst kriegt, ein wild gewordener, lauschiger Whirlpool, die Salzgärten. Alles mit abgeklärter Ruhe und Gelassenheit.

Eine sympathische Liebeserklärung an die Schauspielerei und das Theater. Vielleicht auch ein Film fürs Theatermuseum. Und immerhin besser, drehfreie Zeit so zu nutzen, statt im Alkohol abzusaufen oder das Jammern anzufangen. Gilt ebenso für den Zuschauer.

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