Diese Lektion über Ehre und Treue in der japanischen Kultur anhand einer Verfilmung kommt mehr doziert denn mit geschicktem, filmischen Spannungsbogen daher. Immerhin wird die Geschichte erzählt. Die Geschichte vom Halbblut Kai (Keanu Reeves), der kein Samurai sein kann und durch seine Heldentaten zum Samurai wird, mit allen Konsequenzen, die hier nicht ausgeplaudert werden sollen.
Für gewisse Heldentaten ist Kai prädestiniert, denn er ist in ein Waisenkind und in einem Dorf aufgewachsen, wurde aber von den Tengu, das sind übernatürliche Wesen, in den Wäldern trainiert. Dieser Hintergrund macht ihn attraktiv für eine Gruppe von Samurai, die ihren Samurai-Status verloren haben. Sie werden Ronin genannt. Ihr Anführer Asano hat einen Kampf gegen Kira verloren. Dieser hatte seinen Sieg allerdings unlauteren Mitteln zu verdanken. Aus diesem Grund entscheidet sich Asano für Rache, obwohl diese gegen den Ehrenkodex der Samurai ist. Außerdem ist Kai in die Tochter von Asano verliebt ist und ausgerechnet Kira will sie heiraten. Das unlautere Mittel, dessen sich Kira beim Kampf bedient hat, war eine Hexe.
Mit der Hexe kommen wir zum schönsten bildnerischen Punkt der Inszenierung. Diese Hexe, die sich unter die Konkubinen geschlichen hat, kann sich verwandeln. Sie wird zu einem Stück feinen Tuchs, das sich wie ein Schlange durch die Räume bewegt. Dabei entwickelt sie gelegentlich einen Faltenwurf, der an den grandiosen Faltenwurf bei Gewändern auf Altarbildern von Matthias Grünewald erinnert. Da flutscht ein Geheimnis, ein ästhetisches, durch das Bild, durch eine Aufführung, die pathetisch gestaltet ist, opernhaft manchmal, in überflüssigem, billigem 3d-, oft Stehparty und Textaustausch oder vieles voiceover erklärt; was in der deutschen Synchronisation noch lehrhafter gedroschen rüberkommt.
Dies ist sicher eine Möglichkeit, eine Geschichte zu erzählen. Was mir jedoch fehlt, das ist eine geistig-ästhetische Haltung, die mir erzählt, warum Carl Rinsch nach dem Drehbuch von Christ Morgan und Hossein Amini, ausgerechnet diese alte japanische Legende erzählen will. Im Vergleich zu vielen anderen japanischen Filmen von Kato Tai bis Kurosawa kommt mir dieser Film als Produkt doch sehr beliebig und teils auch billig gemacht vor, mit ungeschmeidigem Schnitt, wenig Liebe zum Licht, mit Aufmotzmusik, auch die Computeranimationen wirken nicht besonders inspiriert, hohles Rezitationskino, schweres Aufwandkino mit mangelnder Koordination zwischen den einzelnen Gewerken. Kein runder Wurf.
Eindrückliche Momente sind zwar immer wieder da. Es gibt viele Bilder von bekannten Stars, deren Gesichter dank der Statik mancher Szenen durchaus gut und markant und als Persönlichkeiten rüberkommen. Aber ein bisschen wirken sie, wie aus dem Zusammenhang gerissen. Jedes Department scheint für sich gewerkelt zu haben. Die Linke wusste nicht was, die Rechte tat. Und Keanu Reeves mit Jesusbart, hm? Der Film kommt mir vor, wie ein Kuchen, der zwar alle Zutaten hat, aber irgendwie muss das Backpulver verhext gewesen sein, hat sich aufgelöst und konnte so nicht aufgehen. So ist der Text: wir machen hier einen Film, lauter als der Text der Geschichte selber.