Nicht mein Tag

In diesem Film von Peter Thorwarth nach einem Roman von Ralf Husmann, zum welchem Thorwarth mit Stefan Holtz auch das Drehbuch geschrieben hat, wird ein Banküberfall für den klischeehaft biedern Bankbeamten, der der Familie zuliebe sogar seine Mitgliedschaft in einer Rockband aufgegeben hat, zum großen Ausbruch aus der auch die Liebe abtötenden Lebensroutine.

Vorsicht vorm Alkohol. Ein ganz unbeschriebenes Blatt ist Till Reiners,´gespielt von Axel Stein, nicht. Es hatte einst anlässlich eines Alkoholexzesses eine gerichtsaktenkundig gewordene Sachbeschädigung verursacht. Aber seit er Familie hat, seine Frau ist in der Modebranche tätig und sein Bub ist drei Jahre alt, sind Alkohol und das Leben überhaupt abgestellt worden.

Thorwarth führt dieses Leben in der Sparkasse mit großer Personenzugewandtheit und auch mit feinem Humor vor, etwa die Geburtstagsfeier für den Chef, der 60 geworden ist.

Der Antagonist, es ist Moritz Bleibtreu als Nappo Navroki, macht ne Riesenshow aus seinem Ganoventypen, die rüberspringt von der Leinwand, und die nicht nur ihm Spaß gemacht haben dürfte beim Drehen, sondern den Zuschauer ungemindert dran teilhaben lässt. Nappo ist der Künstlername für den Rabauken, es ist eine Verdrehung von Nippon, weil er, der breitflächig Tätowierte, die japanische Kampfkunst verehrt. Dieser langhaarige, schnoddrige, direkte Typ will vom braven, biederen, korrekten, seriösen, gut informierten, beschlagenen Bankbeamten einen Kredit, um sich einen heißen Wagen zu kaufen. No Chance natürlich. Aber für einige Lacher mit Seitenhieben auf das verkommene Bankenwesen gut.

So will sich denn Nappo das Geld auf andere Weise besorgen. Und da nicht alles nach Plan verläuft, marschiert der dusselige Till dem Nappo fast freiwillig in die Hände (Till mit zwei „L“ im Gegensatz zu einem bekannten Schauspieler, welchen Gag die Produktion dann leider viel zu plump bis zu einem faden, uninspirierten Cameo-Auftritt auswalzt, statt mit der Andeutung den Witz zu pfeffern).

Die Flucht passiert mit des braven Bankers Auto. Dann hocken die beiden in einem idyllischen Waldhüttchen. Leben ihre Gegensätze aus. Nähern sich einander an. Alles wunderbar gemacht. Auch die Begegnung mit den dubiosen Autohändlern ist skurril, lebt die Gegensätze Banker-Ganoven ausgiebig aus. Und ob die beiden nicht noch einen schnellen Trip nach Amsterdam für ein paar Riesen erledigen würden? Till ist auf den Geschmack gekommen und Nappo hat Vertrauen zu ihm gewonnen. Also ab nach Amsterdam mit einigen Zwischenkomplikationen an einer Tankstelle und dem Erscheinen eines lustigen Bildes von Till für die Fahndung am Fernsehen.

Thorwarth und seine Leute haben das Komödienpulver nicht neu erfunden. Aber bis dahin, bis Amsterdam. haben sie es wirkungsvoll zusammengebacken; getrieben vom belebenden Gegensatz der braven Banker-Welt und der aufschneiderisch-großmauligen Ganovenwelt, wobei die beiden Akteure Moritz Bleibtreu und Axel Stein auch sichtlich Vergnügen daran hatten, was sich positiv überträgt.

Stolperfalle Amsterdam. Stolperfalle Alkohol. Theoretisch war es wohl so gemeint, dass Till im Amsterdam nun Alkohol trinkt. Dies befördert eine ganz andere Seite an ihm zutage. Die ist im ersten Moment noch lustig, wie er einen der Albaner, mit denen sie das Geschäft erledigen sollen, anmacht. Aber dann fliegt die Komödie bös aus der Kurve. Statt dass sich die Werte jetzt umkehren, dass Till sozusagen das größere und legerere Gehabe an den Tag legt als Nappo, während Nappo immer besorgter, penibler, kurz bankerhaft werden sollte, wirken die Exzesse von Stein bemüht und können mit dem breitlippigen Bleibtreu seiner Ganovenfresse nicht mithalten, bieten auch nichts Kompensierendes an. Und genau so wenig kann oder traut sich Bleibtreu oder die Regie oder das Buch hier die Umwertung dieser Werte radikal und konsequent durchzuziehen.

Komödie ist Konsequenz, das hat jetzt sehr erfolgreich „Fack ju Göhte“ gezeigt. Diese Konsequenz fehlt hier leider, wurde dem Alkohol geopfert. Aus der Komödie wird plötzlich eine gar nicht besonders originelle Gangstertragödie, sogar mit Schussverletzung und Knastaufenthalt. Wobei die Frau von Till, Miriam, von der wunderbaren Anna Maria Mühe gespielt wird, aber leider scheint Komödie nicht ihr Fach zu sein, so wirkt sie zu süßlich oder zu dramatisch. Dies verstärkt das Dramaelement. Zu Lachen gibt’s da längst nichts mehr. Und was Action und Gangster-Action betrifft, sind wir von den Amerikaner Stärkeres gewohnt, wirkt das hier nur wild gewalzt auf Action komm raus. Etwas mehr Durchdenken der Geschichte und Bewusstmachen, welches Genre man will, hätte die Erfolgschancen des Filmes bestimmt merklich gesteigert.

Lustige Szene: wenn der Bub seinem Papa im Fernsehen sieht, weil dort ein Gaudi-Bild von ihm als Fahndungsfoto gezeigt wird.
Generell sind die Schauspieler bei Thorwarth als Regisseur gut aufgehoben, aber was nützt es, wenn die Buchidee auf halbem Wege stehen bleibt oder ihr Ziel aus dem Auge verliert.

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