Ein Bericht aus dem Innersten Amerikas. Ein Roadmovie von Billing in Montana über South Dakota nach Nebraska. Auf einer Straße, die zur amerikanischen Traumstraße wird, eine Straße von amerikanischem Kinotraum in der Erfindung einer verrückten Geschichte, die besticht durch genaue Figurenzeichnung als hätte ein präzise beobachtender Zeichner seinen spitzen Bleistift angesetzt.
Der amerikanischer Kinotraum, der in einem koreanischen Fahrzeug gefahren wird. Der alte Traum von einem schönen Kino, das einen reinzieht, wird in diesem Film von Alexander Payne, zu dem Bob Nelson das Drehbuch geschrieben hat, fortgeschrieben. Der noch dazu dem Traum vom Millionengewinn folgt. Vom Millionengewinn, von dem der bereits an Ansätzen von Demenz und vor allem Alkoholismus leidende Woody Grant (Bruce Dern) träumt, verbunden mit einem weiteren amerikanischen Traum, dem vom Truck, der hier in der Gestalt eines offenen Pritschenwagens sogar in Erfüllung gehen wird, aber zur Erfüllung dieses Traums wird Traumfähigkeit vonnöten sein.
Eine windige Werbeagentur hat Grant, der mit seiner Frau Kate in Billing (Montana) lebt, einen Bescheid über den Gewinn von einer Million Dollar geschickt – mit viel Kleingedrucktem versteht sich.
Grant nimmt die Versprechung wörtlich. In der ersten Szene rückt er zu Fuß aus seinem Städtchen aus, um in Lincoln, etwa 800 Meilen entfernt, diesen Gewinn persönlich abzuholen. Sein Sohn David, (Will Forte), ein sensibler, junger, leiser, versonnener Mann, dem seine Freundin gerade den Laufpass gegeben hat und der in einem Elektronik-Laden als Verkäufer arbeitet, holt ihn bei der Polizei ab. Die hat ihn in der sofort mit diesem Hauch von Kinowehmut und Kinoliebe vereinnahmenden Anfangsszene auf der Autobahn aufgegabelt. Die Familie diskutiert die Unterbringung von Daddy in einem Heim. Spontan erklärt sich Sohns David jedoch bereit, mit dem Vater die Fahrt nach Lincoln zum Kassieren des Millionengewinnes zu machen.
Der amerikanische Traum lebt auch fort in den Figuren der beiden rundlichen Cousins von David, den Söhnen des Bruders seines Vaters, bei dem die beiden Station machen. Die kriegen sich nicht ein, dass David mit seinem Vater für die paar Hundert Meilen zwei Tage gebraucht hat. Das ist mehr als nur ein Running Gag. Das scheint ihr Lebensinhalt zu sein: Autos und deren Motoren-Kraft. Sonst taugen sie zu nicht viel mehr als im Familienkreise stupide fernzuschauen.
Beim Besuch in dieser Ortschaft seiner Kindheit kommt einiges aus der Vergangenheit des Vaters von David an den Tag; der bis 6 Jahre auch dort aufgewachsen ist und eine Bewohnerin noch als besonders hübsch und wie aus Porzellan gemacht in Erinnerung hat. Dieses Wesen des sich so Einfühlens hat uns David aber von Anfang an, obwohl hier sicher gegen die 40, rübergebracht.
Und erst die Stories um Männer und Frauen, allein die Erzählung der Betreiberin des Lokalblattes, auch die Presse und ihre Freiheit ein unabdingbares Apercu des amerikanischen Traumes oder der Besuch auf dem Friedhof von David, seinem Vater und seiner Mutter, die inzwischen im Bus nachgereist ist.
In Deutschland würde man aus dem Thema einen typischen Demenzfilm machen, bei dem nichts, aber auch rein gar nichts über die Mentalität hier, über das Leben hier zu erfahren wäre, in welchem der Zuschauer lediglich zur Strafe gewissermaßen die Auswirkungen des deutschen Filmfördersystems über sich ergehen lassen müsste.
Hier aber wird eine Geschichte erzählt von einem Greis, der immer ein netter, schwacher Mensch gewesen ist, der sich von allen immer hat ausnutzen lassen, der sich aber einen Traum bewahrt hat. Ein kleiner Träumer im Land der großen Träume. Und so wie der Film dies zeigt, ist es vielleicht auch um den amerikanischen Traum bestellt. Er ist bescheiden geworden, aber tot zu kriegen ist er so schnell nicht.
Der Film ist in Schwarz/Weiß gehalten. Erinnert mich von seiner Haltung zum Kino und zum Leben und zu den Menschen an den Film „The Bible and Gun Club“ von Daniel J. Harris von 1996; eine Haltung von großer Unvoreingenommenheit und bei aller scharfen Beobachtung von einer Zuneigungen den Menschen und ihrer allfälligen Provinzialität gegenüber.
Viele Verwandte, es gibt ein Treffen bei der Familie vom Bruder von Wood.
Der Besuch im Heimatort von Wood macht die Geschichte dieser Person plastisch greifbar über die Jahrzehnte hinweg.
Der Besuch am Mont Rushmore, nur ein kleiner Umweg von der Strecke, ist als Referenz auch sehr deutlich zu lesen.
Die Chefin des Hawthorn Republican.
Karaoke in der Provinz in der Soup and Salatbar.
Es fehlt auch nicht an einem Streich wie von Spitzbuben. Wood ist mit seiner Frau und den beiden Söhnen David und Ross unterwegs, um einen alten Kompressor, von dem er immer redet, zu requirieren, denn das Gebäude stehe noch. Aber sie irren sich im Haus, verladen einen fremden Kompressor; in dem Moment kommen die Besitzer an, die die Alten kennen. Nichts wie ab und Mama übernimmt das Steuer.
Einen Georg Grosz hätten solche Figuren sicher auch zum Zeichnen animiert.