Einer der anrührendsten Tanzfilme überhaupt. Weil er einerseits seine Energie und Philosophie aus dem Tänzer und Initiator der hier dokumentierten Aktion, Pierre Dulaine, bezieht, andererseits aber in einer der hoffnungslos verstricktesten Konfliktregionen der Welt spielt; ihr quasi den Puls misst. Und noch vorhandene Menschlichkeit feststellt. Feststellt, dass Vertrauen möglich ist.
Pierre Dulaine ist als Kind einer Palästinenserin und eines Iren in Jaffa noch vor Gründung des Staates Israel zur Welt gekommen. Als Konsequenz aus der Gründung Israels sind seine Eltern nach Amerika gezogen. Dort wurde er Tänzer. Mit seiner Tanzpartnerin Miss Yvonne, wie er sie den Schülern vorstellt, tanzt er seit 35 Jahren. Die beiden haben viele Wettbewerbe gewonnen. Es sind Standardtänze, Gesellschaftstänze. Er ist nicht mit ihr verheiratet. Das war eine der Fragen der Schülerinnen. Die konnte er – es ging um die Berührungsangst zwischen den Geschlechtern im Nahen Osten, egal ob Muslim, Jude oder Christ – beruhigen: man muss seine Tanzpartnerin nicht heiraten. Bei diesen Berührungen geht es um Respekt und Vertrauen.
Das Projekt, was Pierre angeleiert hat, war ein 10-wöchiger Tanzkurs an verschiedenen Schulen in Jaffa. Er wollte dem Ort seiner Geburt etwas zurückgeben. Bedingung für diesen Tanzkurs war, dass israelische Juden, Muslime und Christen zusammen tanzen, Buben und Mädchen gemeinsam. Das stößt auf teils erhebliche Widerstände. Aus einer Schule ist er mit Empörungsenergie wieder weggegangen. Wenn die Schüler die Berührung nicht wollen, dann gibt es keinen Tanzkurs.
Ziel des Projektes ist ein Tanzwettbewerb. Hilla Medalia, die mit Philip Shane auch das Drehbuch zu dieser Dokumentation geschrieben hat, beobachtet nun genau die anfänglichen Hemmungen, auch die Besprechungen, die Widerstände, die sich sowohl an rein jüdischen als auch an rein palästinensischen Schulen bilden. Sie geht auch zu einigen Schülern nach Hause.
Dramaturgisch am ergiebigsten ist die Geschichte vom Palästinenser-Mädchen Noor, die darunter leidet, dass sie keinen Vater hat, die deswegen nachlässig in der Schule ist. Der Tanz – und vielleicht auch die Vaterfigur Pierre, der in einer Persönlichkeitslinie mit James Cagney und auch Fritz Kortner gestellt werden könnte – öffnet sie. Sie ist am Ende des Kurses eine andere geworden. So, wie Pierre in einer der ersten Stunden, in der er das Projekt vorstellt, vormacht, wie ein Mensch erst ganz geduckt und in sich zusammengefallen geht, wie er sich nach und nach aufrichtet, bis er diese entspannte Größe und Souveränität hat, die der Tanz vermittelt. Und somit über die Haltung etwas über Toleranz und Respekt gelernt hat.
Köstlich, wenn Dulaine laut ruft „Meringue! Meringue! Meringue!“. Das ist eine der einfachsten Paartanzbewegungen, je einen Schritt nach vorn oder zur Seite begleitet von einem leichten Hüftschwung. Mehr Meringue in Israel, mehr Meringue in Palästina, das ist vielleicht die Zukunft!
Vielleicht sollte John Kerry für seinen Friedensbemühungen ständig diesen Film im Gepäck haben.