Belle & Sebastian

Dieser Film von Nicolas Varnier, der mit Fabien Suarez und Juliettes Sales auch das Drehbuch geschrieben hat, baut auf der Bücherreihe gleichen Titels von Cécile Aubry auf, welche schon den Stoff für eine Fernsehserie in der 60ern und 70ern des letzten Jahrhunderts geliefert hat. Das muss jedoch nicht unbedingt der Grund dafür sein, dass ich mir als Zuschauer vorkomme, als habe ich in einem irgendwie von der Zeitgeschichte übersehenen Gebäude ein wunderbares Bilderbuch entdeckt, wie aus einer anderen Zeit. Das kann auch an der Regie von Nicolas Varnier oder am Cast, liegen, der so ganz ohne modisch-affige Schauspielerattitüde auskommt; der aber auch gar nicht versucht, irgendwie auf altmodisch zu spielen.

Die Geschichte spielt in einem hochgelegenen Dorf in Savoyen an der Grenze zur Schweiz und den darüber liegenden Alpen und Tälern in der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Die Nazis sind bereits in Frankreich einmarschiert und halten es besetzt. Es gibt Rettungswege für Flüchtlinge über Bergpfade in die Schweiz.

Im Zentrum stehen die Erlebnisse des Buben Sebastian. Der sollte eigentlich zur Schule gehen. Aber dessen Mutter sei in Amerika und als Vaterersatz dient ihm Opa César, ein richtiger Älpler, der Vieh und Schafe auf der Alp hat. Bei dem treibt Sebastian sich am liebsten rum.

Zur Zeit gehe ein wildes Tier im Tal rum und reiße Schafe, heißt es bei den Bauern. Dieses wilde Tier ist ein großer Hund. Sebastian wird sich mit ihm anfreunden; aber die beiden werden auch in einer gefährlichen Situation beim Menschenschmuggel eine wichtige Rolle spielen.

Die Deutschen sind im Dorf. Sie sind nicht als zackige Bestien gezeichnet. Sie tun ihren Dienst pflichtbewusst und versuchen dem Menschenschmuggel auf die Spur zu kommen. Der deutsche Leutnant verlangt in der Bäckerei 50 Pfund Brot pro Woche, aber ihm gefällt die junge Bäckerin durchaus.

Was den Film zum Erlebnis macht, das sind einerseits die gewaltigen Naturaufnahmen, schon zu Beginn kann einem schier schwindlig werden, wie Sebastian und César am Rande einer Alp, die als Steilwand plötzlich abfällt, auf Spurensuche nach dem wilden Tier sind; dazu eindrückliche Impressionen von der Schroffheit und der Menschenfeindlichkeit kahler Berghänge.

Diese Bilder von der Gefährlichkeit der Alpen werden im Finale, was im Winter stattfindet, noch übertroffen; da kämpfen sich Menschen und die Hündin durch knietiefen Schnee und über Gletscher- und Felsspalten der sicheren Schweiz zu, bereits von den verfolgenden Deutschen im Feldstecher beobachtet. Hier kommt es zu atemberaubend waghalsigen Szenen. Vorher war Sommer; blühende Bergwiesen, eine schneeweiße Hündin (nach einem Bad in einem kühlen Bergsee blitzeblank sauber); der Bub und die Hündin, die er Belle, die Schöne, nennt.

Auch idyllische Szenen von Bub und Hündin, dass einem die berühmte Geschichte von Lassie in den Sinn kommt. Vor allem aber geht es um die Schafe, die gerissen werden, um eine Treibjagd auf den Hund, mit dem sich Sebastian doch längst schon angefreundet hat, um eine Begegnung mit den Wölfen, die die eigentlichen Übeltäter sind, um die misstrauischen Deutschen, um André, der wie ein Bock stinke und deshalb vom Biest gebissen worden sei oder dass César Wunden immer mit Génépi heilt oder wie der verletzten Belle in einem geheimen Unterstand hoch oben über dem Dorf vom Arzt Guillaume eine Spritze verpasst werden kann. Der Ort heißt St. Martin, die Zeit: es ist 1943.

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