Oldboy

Oh, das war jetzt Kunst, Oper ohne Oper, gespreitzte Bildsetzung mit großem, gewerkschaftlich organisiertem Apparat dahinter, rational staatstheaterlich-staatstragende Inszenierung, große Kunst. Auf diese Beschreibung komme ich im Vergleich zur Vorlage zu diesem Film, dem Film gleichen Titels von Chan-wook Park von 2004, den zu verstehen ich auch schon Mühe hatte, wo aber sichtbar wurde, was für eine weit wildere Bilderwelt der Asiate vermutlich unter nicht weniger, aber viel geschmeidigerem Arbeitsaufwand zustande gebracht hat. Dagegen wirkt das Bildmonument, das hier Spike Lee nach einem Drehbuch von Mark Protosevich nach dem Manga von Garon Tsuchiya und Nobuaki Minegishi fabriziert hat, behäbig.

Nachvollziehbar ist, dass der Protagonist Josh Brolin als Joe Doucett plötzlich in einer Gefangenschaft gelandet ist, einer Art Hotelzimmer mit Totalüberwachung, in dem er teils halbnackt oder gar nackt, aber dann züchtig nackt, zu überleben versucht. Durch einen Schlitz unten an einer Wand erhält er Mahlzeiten, Fast-Food, das er auch mal gegen den Bildschirm wirft. Das ergibt eine längere, höchst gepflegte und wohl überlegte Bilderserie, verschiedene Frisuren, teils mit verwachsenem Bart und Haar wie Saddam Hussein aus dem Erdloch.

Die Zeit flimmert über Nachrichten in sein Hotelzimmer, in dem er vor Wahnvorstellungen nicht gefeit ist. Man sieht Bill Clinton. Man sieht die Flugzeuge, die in die Türme in New York fliegen. Man sieht Bush, wie er seine Mission für vollbracht hält.

Die Jahre vergehen. 20 an der Zahl, in denen Joe hier gefangen gehalten wird und nicht weiß warum. Und wir wissen es auch nicht. Wir haben nicht den geringsten Anhaltspunkt. Wir haben ihn vorher erlebt als alkoholsüchtigen, nicht allzu erfolgreichen Geschäftsmann. Mit Details über seine Geschäfte sind wir nicht überschüttet worden, schon gar nicht mit Details, die uns hätten ahnen lassen können, dass auf ihn eine solch rätselhafte Gefangenschaft wartet.

Er versucht einen Ausbruch. Und eines Tages entsteigt er auf einer Wiese einem Köfferchen. Jetzt beginnt die Suche nach den Gründen seiner Gefangenschaft und nach deren Urheber. Vorher schon hat er seine Tochter im Fernsehen gesehen. Das kann nach der Befreiung zu einem Anhaltspunkt werden. Er stößt auf die merkwürdige Figur Adrian Pryce von gestelztem, künstlichem, klonen- oder robotermenschenhaftem Gehabe, der offenbar die Schlüssel zum Rätsel seiner Geschichte in der Hand hält.

Das wird im Hinblick auf die letzte halbe Stunde eine gefährliche Recherche um Dingen auf den Grund zu kommen, die wir nie wissen wollten, weil uns von der Figur von Anfang an kein Konflikt ersichtlich war, außer vielleicht dem Alkohol, weil wir seine Gefangenschaft ohne größere Anteilnahme künstlerisch zur Kenntnis nehmen konnten. Wie wir jetzt schöne, weitere Bilder zu Kenntnis nehmen können, die in manchen Momenten sogar den Stummfilmexpressionismus evozieren. Evozieren und Zitieren vielleicht, aber was will mir der Film erzählen? Dahinter bin ich bis jetzt nicht gekommen. Aber, falls er mir was erzählen will, so kann ich sagen, dass er das mit einer hohen Qualität an Reduktion und Künstlichkeit tut.

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