Den Bildungsrahmen des Filmes stecken die Bilder im Abspann ab: Venusgemälde aus der Geschichte der abendländischen Malerei und ein Torso.
Die Frage, die Roman Polanski in vorgerücktem Alter und im Rückblick auf ein reiches, auch mit Frauen gesegnetes Leben, mit diesem Film zu beantworten versucht, scheint die zu sein: mein Gott, was haben die Frauen nur mit mir, aus mir gemacht.
Die Antwort zeigt die letzte Szene, die vor galligem Humor, griechisch satirischem Humor um einen belgisch-provinztheaterlichem Kaktus als Bühnenrequisit herum stattfindet. Der Chor der Bakchen lacht die armselige Kreatur von Regisseur aus, die an diesen Kaktus gefesselt ist. Wobei dieser Chor von einer einzigen Frau dargestellt wird, von Emmanuelle Seigner, der einen Darstellerin dieses Zwei-Personen-Kammerspieles. Ihr Partner ist Mathieu Amalric, der mit seinen großen Augen immer am Rande des Ertrinkens scheint und der hier einen Theaterregisseur spielt, der verzweifelt eine Darstellerin für die Rolle der Wanda sucht, der bereits Dutzende von Schauspielerinnen hat vorsprechen lassen, am Telefon mit seiner Frau/Freundin lässt er seinen Frust über das mangelnde Talent und das mangelnde Können aus.
Er hält das Casting für beendet und will gehen, da platzt eine recht ordinäre Person in den Theaterraum, alles andere als die Erscheinung, die er sich vorgestellt hat. Sie verwickelt ihn in einen Probenprozess, den Polanski meisterhaft inszeniert, in dem immer wieder von Rolle zu privat übergegangen wird und umgekehrt, bis die beiden am Schluss sogar die Rollen tauschen, wobei Amalric einen Moment lang doch arg tuntig ausschaut.
Dem Film vorangestellt ist das Bibelwort aus Judith, Kapitel 16 „Aber der Herr, der allmächtige Gott, hat ihn gestraft, und hat ihn in eines Weibes Hände gegeben.“ Das ist das niederschmetternde Fazit, das wird faktisch illustriert, grandios selbstkritisch und schwarzhumorig im letzten Bild. Den Weg dahin skizziert Polanski mit leichter Meisterhand. Wobei Emmanuelle Seigner durchaus die brillantere Darstellerin ist, viel mehr differenzieren kann, auch zwischen Rolle und privat; aber auch innerhalb der Rolle, während Amalric dagegen wie ein Hund wirkt, ein geschlagener Hund, aber das ist ja auch böse Absicht, wobei später das Halsband durchaus passend erscheint. Andererseits ist so ein Film immer auch ein Bericht aus dem Nähkästchen des Theaters und kann einem kultivierten Publikum das eine oder andere Aha-Erlebnis oder zumindest Kichern abverlangen.
Der Theaterbau selbst, den eine in etwa 2 Metern Höhe durch eine Alle fahrende Kamera aus einer verregneten, tristen Allee plötzlich rechts entdeckt und dorthin schwenkt, ist ein tristes, graues Mausoleum, das die Frage aufwirft, was machen die da drinnen, ist das wirklich so lebendig?
Die Vorlage zum Drehbuch war der Roman von David Ives „Venus im Pelz“. Dieser bezieht sich auf die Novelle des österreichischen Schriftstellers Leopold von Sacher-Masoch aus dem Jahre 1870. Hier geht es um die Begegnung von Severin von Kusiemski mit der reichen Witwe Wanda von Dunajew; Severin sieht in ihr eine Ähnlichkeit zur griechischen Venus. Weil die Venus aber im Norden ist und friert, muss sie in einen Pelz gehüllt werden. Dieses Stück also will der Regisseur Tomas aufführen, er hat auch die Bearbeitung dafür gemacht und dafür sucht er die Wanda. Wanda, die hier zu spät eintrifft und ihn abhält, das Theater (dem am Eingang das „h“ der französischen Schriftweise nach dem Anfangs-T fehlt) zu verlassen, zwingt ihn nun, den Part des Severin zu lesen; dadurch steigert sich die Verwicklung von Mann/Autor/Regisseur/Darsteller zu Frau/Venus/Bühnenpartnerin/ und der Macht- und Herrschaftsstreit auch um einige Stellen immer mehr, bis Wanda wutentbrannt das Werk als sexistisch geißelt, Porno, Sado-Maso.
Für eine Alliteration würde der Autor seine Seele verkaufen. Wer kann das Wort „unentwirrbar“ heutzutage noch ohne stolpern sprechen? Wenn er ihr pantomimisch eine Tasse Kaffe zubereitet und überreicht, so setzt Polanski lustigerweise ganz leicht die entsprechenden Geräusche darüber: das Theater als Einbildung und Vorstellung.
Polanskis hochbewusste, sensible Sprachführung der Schauspieler.
Die Message, die Polanski seinen Regisseur/Autor sagen lässt: Misstraut Eurer Lust. Passend zum Fazit, was haben die Frauen aus mir gemacht.
Der Mann als Sklave der Frau (oder seiner Triebe).
Später Rollentausch: Du solltest Wanda spielen. Die Göttin, die den Autor demütigt.
Verfällt Polanski hier schon in Altersentimentalität…