Paradies 505 – Ein Niederbayernkrimi (TV BR)

Was mich für diesen Niederbayernkrimi, zu dem Christian Limmer das Drehbuch geschrieben hat, vor allem einnimmt, ist nebst der hervorragenden Regie von Max Färberböck, der sich intensiv um die Darstellung der Figuren und ihrer Glaubwürdigkeit kümmert, die Grundfigurenkonstellation als solche: Die tüchtige Polizistin, die in jeder Szene um ihr Überleben zu kämpfen scheint und als ihr Partner vom benachbarten Kommissariat, der in höheren Spähren schwebende Lederer („der hat so einen Magnetismus“). In dieser Konstellation manifestiert sich für mich pointiert überhöht und für den Zuschauer durchaus genüsslich dargestellt ein abgrundtiefes, gesellschaftliches Problem nicht nur in Niederbayern, sondern in ganz Deutschland: die Gleichberechtigung von Mann und Frau – resp. wie weit wir noch davon entfernt sind. Schöner kann man das kaum zeigen. Wobei hier sowohl die Konstruktion durch den Autor als auch die Inszenierung durch den Regisseur mit dem prima Cast, Johanna Bittenbinder als die geerdete, gleichzeitig gern entsetzte Kommissarin und Florian Karlheim als der schwebende Kommissar, „der Straubinger Kasperl“, dieses sinnige Bouquet so rund und dufte machen. Als Hintergrundinfo wäre interessant, was einerseits die Figuren als Rollen beim Polizeidienst verdienen und dann parallel dazu, was die Darsteller der Rollen bei ihrem Brötchengeber, der Roxy-Film im Auftrag des Bayerischen Rundfunks erhalten – ob da wenigstens der Gleichheitsgrundsatz gilt.

Als Tüpfelchen auf diesen Pluspunkten erscheint der Dialekt; der für Puristen in der Zusammenstellung verschiedener bayerischer Idiome in einem Landstrich immer noch problematisch sein dürfte; der jedoch homogener erscheint als in vielen ähnlichen Produktionen, die sich des Modells Bayern im Film bedienen. Grandios die Farbtupfer, die niederbayerische, gewachsene Originaldarsteller beispielsweise bei der Massenbefragung von Männern in den Film tragen.

Ohne viel Federlesens wird der Kriminalfall noch vor dem Titel eingeführt. Ein Arm ragt auf Waldboden ins Bild. Er wird weggezogen. Gruslig, gruslig, ein Auto entfernt sich.

Die klassischen Nachforschungen der Polizei geben dem Film die Möglichkeit, bayerisches Leben zu schildern von der Dorfwirtschaft über den Einsiedlerhof bis zum Rotlicht-Etablissement „Paradies 505“, eingetaucht in die traumhaften, kunstvoll zum schnöden Realismus Distanz haltenden Szenenbilder von Oliver Hoese, dazu Bonmots aus dem Alltag wie „Fango auf Krankenschein“ oder „der schwule Cowboy“ (über Lederer) oder der Chor der Gaffer: „Vier Polizisten gehen eini, ein Tota kimmt ausi“, „Woassd was, gibst mia an Presssack, dann wirst den ganzn Dregg auf oamaoi los“, „Heimat sind Freunde“, „Heimat sind Wurzeln“.

Einzig dem Schluss des Filmes fehlt das Pendant zum prägnanten Anfang, so schön der Chorgesang sein mag; da hätte man inhaltlich vielleicht auf einen Punkt hin arbeiten sollen – statt sich mit drei Leichen zu zerfaseln. Da wechselt die Methode von der Prägnanz des Beginns zum Gemeinschaftstümeln, Ensembletümeln; wäre außerhalb des Filmes sicher angebracht; innerhalb nimmt es dem Film an Greifbarkeit.

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