Soderberghs Sterbebildchen für Hollywood? Biopic oder Hommage an den berühmten Las-Vegas-Entertainer Liberace, der 1986 an Aids gestorben ist und der ein durch und durch schwules Leben geführt hat, nach offizieller Lesart natürlich voll hetero war, obwohl er in den tuntigsten Fummeln seine Show bestritt, aber wie Bob an einer Stelle erklärt, die Leute im Publikum offenbar nicht auf die Idee mit der Schwulität kommen.
Scott ist die zweite Hauptfigur im Film. Er wird gespielt von Matt Damon als einer richtigen Landpomeranze von schwulem Mann aber noch unschuldig bis offenbar dort hinaus und mit einer Rührgeschichte von Schicksal. Aus verrotteten Verhältnissen stammend hat er in einem biederen Ehepaar auf dem Lande ihn liebende und fürsorgliche Ersatzeltern gefunden. Er liebt Tiere, Hunde vor allem, stellt diese für Dreharbeiten zur Verfügung. Ein Lebensinhalt sine qua non scheint das allerdings nicht zu sein, obwohl er im Sinn habe, Tiermedizin zu studieren und Tierarzt zu werden. In einer Homo-Bar lernt er Bob kennen. Dieser führt Scott in die private Luxus-Umgebung von Liberace ein, krasser Gegensatz zur ländlich-tranigen Idylle seiner Herkunft. Liberace ist sofort angetan von Scott. Der blinde weiße Pudel von Liberace wird Anlass sein, dass Bob ihn bald allein besucht und vom Moment an an nicht mehr von seiner Seit weicht und es dauert nicht lange, bis sich die beiden Herren in Liebesakten in fürstlichen Betten der opulenten Villa des Showstars wälzen. Über das Innenleben von Scott erfährt man kaum was. Es ist dieser Matt Damon, muskelbepackt, überhaupt nicht schwul wirkend; sich eigeninitiativ erst äußernd, wie ihm die Felle davon zu schwimmen drohen – und da eher unbeholfen.
Soderbergh, der alte, genaue Beobachter lässt nun nichts aus an Ausstattungsorgie zur Schilderung dieses luxuslangweiligen Milieus, weshalb der Film gelegentlich auch diesen Eindruck erweckt; in seiner Unentschiedenheit und offenbar nicht kalkulierter Anmache scheint Scott für Liberace von längerer Haltbarkeit zu sein als dessen Vorgänger. Er bringt das ansatzweise zur Sprache. Es entwickelt sich ein „tieferes Verhältnis“. Wobei Scott sich problemlos zu allerlei Dienerhandlungen in operettenhaften Kostümen erniedrigen lässt – ja sich von einem dubiosen Gesichtschirurgen sogar die Gesichtszüge denen seines Gönners und Vaters und Verehrers und Lovers angleichen lässt; wir werden jedoch nie erfahren, was wirklich mit ihm los ist; da ist Matt Damon eine ideale Besetzung für die Rolle.
Nach einiger Zeit zeigen sich Ermüdungserscheinungen in der Liebesbeziehung; nach dem Tod seiner Mutter fühlt Liberace sich zum ersten Mal frei im Leben. Scott muss ihn in verrufene Lokale und Videotheken mitnehmen, wo es Scott nur übel wird, wenn er mitansehen muss, wie Liberace hemmungslosem Sex mit Unbekannten frönt. Scott wiederum fängt an zu koksen und goldene Uhren und Ringe an Zahlung an seinen Dealer Bob zu geben, denn über eine eigene Kasse scheint er nicht zu verfügen. Die Eifersucht wächst. Es wird ein zähe Beziehung und so schildert sie Soderbergh auch, die in einem triefenden Melodram endet, was auch den Zuschauer mitnimmt, weil er doch fast zwei Stunden dieser Beziehung nicht auskommen kann. Und sich fragt, ob das jetzt Soderberghs Abgesang auf Hollywood ist, nochmal alte, rühmlich-ruchvoll, glanzvolle Zeiten, allerdings von ihrer stinklangweiligen Seite her, hervorzuholen, nebst einigen Showeinlagen und uns klar zu machen, dass damals der Oscar noch was war. Liberace selbst wird dargestellt von Michael Douglas, sicher einem der hochkarätigsten Darsteller zur Zeit in Hollywood. Er spielt den Entertainer grandios, furios, ein wichtiges Pfund dieses Filmes, stürzt sich hemmungslos auf den zwar nicht zarten, aber doch etwas überrumpelt wirkenden Matt Damon. Der Abschied am Ende des Filmes atmet eine seltsame Endgültigkeit.