Das Pferd auf dem Balkon

Hier ist nichts Etepetete, hier wird von Hüseyn Tabak mit klarem Zugriff ganz ohne jeden Schmierennaturalismus eine Wiener Geschichte von Milan Dor, der seinen Roman zum Drehbuch umgeschrieben hat, erzählt.

Eine Geschichte aus dem Milieu von Gemeinde-Bau-Häusern, die in den frühen 30ern in Wien fürs Volk gebaut worden sind und in denen heute nicht unbedingt die feinsten Schichten wohnen. Wir tauchen ein in das Leben der alleinerziehenden Mutter Lara, Nora Tschirner, und ihrem zehnjährigen Sohn Mika, der die Hauptfigur im Film werden wird und der unter dem Asperger-Syndrom leidet. Sein Vater sei tot.

Nora Tschirner wirkt mit ihrem makel- und dialektfarblosen Hochdeutsch selbst wie ein Fremdkörper, wie eine Außenseiterin in dieser bunten Siedlung; was aber die Regie nicht bewusst einsetzt.

Neu eingezogen in diese Siedlung ist Sascha, ein sozial und wirtschaftlich abgestürzter Mathe-Lehrer, der bei einer Tombola das erstklassige Rennpferd Bucephalus gewonnen hat. Das Pferd stellt er nächtens auf den Balkon, der zum Innenhof geht. In der Wohnung selbst dominiert die Blümchentapete, die auf die Zeit der Errichtung des Baus zurückgehen dürfte.

Ferner wohnt hier das Mädchen Dana mit ihrer Familie. Dana behauptet, sie stamme von einem Maharadscha ab und in der Schule ist sie auch eine Außenseiterin, so wie Mika.

Ganz en passant stellt uns der Film einige hervorragende Merkmale dieses Syndroms vor: das Faible für Zahlen, die Fixiertheit auf Termine, die Angst vor Berührung, die Unfähigkeit, einem Gesprächspartner ins Gesicht schauen zu können, Platzangst, Pünktlichkeitstic, Überraschungen und Veränderungen nicht abhaben können, sich nicht wehren können gegen die anderen Kinder.

Das Außenseitertum von Mika und Dana, was die beiden zusammenschweißt, wird jetzt benutzt als Motor für eine Pferde-, Kriminal- und schließlich Entwicklungsgeschichte, letztere für Mika, dass nämlich Asperger durchaus kein unüberwindbares Schicksal sein muss.

Sascha hat Schulden und das Pferd. Mika freundet sich mit dem Pferd an; ähnlich wie im deutschen Erfolgsfilm „Ostwind“, deren Hauptfigur übrigens auch Mika heißt, aber ein Mädchen und etwas älter ist. Windige Schuldner sind hinter Sascha her. Auch hier droht die Fahrt mit dem Pferd zum Fleischhauer. Wie also zu Geld kommen, um das Pferd zu retten? Da hilft eine der Eigenschaften von Mika, dass er nämlich beim Roulette lange vor dem „rien ne va plus“ erkennen kann, zu welcher Zahl die Kugel rollt. Das wird Anlass geben zu einem abenteuerlichen Ausflug mit Oma Hedi in einer Stretchlimousine zu den Casinos Austria auf dem Wege zur Lösung aller Probleme und zum guten Ende.

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