Gold

Vielleicht war es lediglich Sauerstoffmangel unterm Treibhausdach des subventionierten und fernsehredigierten deutschen Kinos, dass hier keinem der Beteiligten aufgefallen ist, wie in Formalin eingelegt, gleichsam präpariert für eine Nachwelt, die sich die Auswüchse des deutschen Kinosubventionswesens als Kuriosa eines Tages womöglich anschauen wird, dieses Stück Kino her- und zugerichtet wurde.

Denn für lebende Zeitgenossen dürfte dieser Film nichts zu erzählen haben. Es geht um das Reshaping eines Goldgräbertrecks von Ashcroft nach Dawson Ende des vorletzten Jahrhundert zum Klondike River in Kanada mit einigen Teilnehmern mit deutschen Wurzeln, weshalb jetzt wohl dieses deutsche Förderprodukt entstehen konnte. Späte Nebenwirkung des Goldrausches.

Sie ist nicht gut ausgegangen, die Expedition – so wenig wie der Film. Dabei hat der Autor und Regisseur Thomas Arslan sicher einen Grund gehabt, sich für diese Geschichte zu begeistern. Und ihm ist es am wenigsten anzukreiden, dass sein Produkt garantiert nicht kinolebensfähig geworden sein dürfte.

Dass ein Mensch mit einer fixen Idee sich verrennt, das ist nichts Ungewöhnliches, manchmal wird ja auch was draus. Die Idee: eine Art Western, der aussehen soll, wie im deutschen Mittelgebirge gedreht, mit vollkommen unvoreingenommener Herangehensweise, ohne Rücksicht auf die große Könnerschaft, die darin amerikanische Filme zu Hunderten und Tausenden entwickelt haben, ohne die Weite von kanadischen Gebirgen und Wäldern, ohne den Kamerareiz des Reitens und von Pferden oder von Lichtstimmungen einzubauen, eher den Eindruck eines Produktes als Resultat einer Gruppentherapie für unterbeschäftigte Filmleute in Deutschland zu erwecken; man sollte ihnen gut zusprechen; beim nächsten Mal klappt’s vielleicht, sich noch etwas umsehen im Western-Genre; nur die Hoffnung nicht aufgeben.

Jedenfalls ließen sich von Arslans fixer Idee offenbar vollkommen unkritisch anstecken und gaben ihre Namen und ihre Leistung dafür her: Nina Hoss, Peter Kurth, Lars Rudolph, Uwe Bohm und weitere Namen des kruden Castes sowie Filmförderer diverser Couleurs: eine erschreckende und nichts Gutes verheißende Vielfalt schon im Vorspann prominent angeführt.

Die Schauspieler haben alle eine merkwürdig verhackte, künstliche Sprechweise, als wollten sie den Eindruck abgehalfterter Synchronsprecher erwecken; vermutlich in der Absicht, Westernatmosphäre unter Subventionstreibhausbedingungen zu erzeugen. Dass offenbar von all den Beteiligten auch keiner eine Ahnung von Spielfilmdramaturgie, von Figurentwicklung und Konflikten der Figuren hat, macht die Sache nicht besser. Immerhin wird ab und an eine Info über die Motive der Teilnahme an der Expedition, die von einem Gauner initiiert worden ist, eingestreut – immer wenn es zu spät ist, um die Information noch spannungstechnisch nutzbar zu machen. Entsprechend begeisternd und erhellend sind die Dialoge:

Sie sollten auch mal eine Pause machen.
Ich muss zugeben, dass ich mir das mit dieser Reise auch einfacher vorgestellt habe.
Was treiben Sie denn da, Müller.
Kommen Sie, Müller, wir wollen aufbrechen.
Wir haben das Restaurant verkauft.
Ich hoffe, da ist noch was übrigen von dem Geld, wenn wir dort ankommen.
Machen Sie keine Dummheiten, Müller.
Hör auf, mich als rohes Ei zu behandeln, ich bin nicht mehr wert als Du.

Die Musik wird eingesetzt, als hätte sie den Film gar nicht gesehen, sie kann das Formalin auch nicht in Vibration verwandeln. Ein Western im Halbnah-Filmsubventionsmodus, oft werden Nacht- und Dämmerungsaufnahmen so realistisch gezeigt, ohne Kunstlicht, dass praktisch nichts mehr zu sehen ist.
Wildwest als Pfadfinderübung wäre bestimmt erheiternder.

Positiv zu vermerken: alle Beteiligten scheinen sehr konzentriert bei der Sache zu sein, was allerdings bei weitem nicht genügt, um den öffentlichen Auftrag der mitproduzierenden Sender zu rechtfertigen.

Dieses Produkt für die Sammlung „Auswüchse und Relikte zu Tode geförderten Deutschen Kinos des aufgehenden 3. Jahrtausends“ haben subventioniert: Bayerischer Rundfunk (Intendant Ulrich Wilhelm), ARD Degeto (Peter Boudgoust, Intendant), Westdeutscher Rundfunk (Intendant Tom Buhrow), Arte (Präsidentin Véronique Cayla), Medienboard Berlin-Brandenburg, BKM (Kirsten Niehuus, Elmar Giglinger, Geschäftsführung), Kulturelle Filmförderung des Bundes, FFA (Vorstand Peter Dinges), Filmförderungsanstalt, DFFF (Vorstand Peter Dinges).

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