Ein solider, gebührenfinanzierter Lebenshilfefilm, der sich ausdrücklich an jene etwa 10’000 Familien in Deutschland wendet, die jährlich einen Menschen durch Suizid verlieren.
Sicher eine honorige Pflichterfüllung hinsichtlich des öffentlichen Auftrages des zwangsgebührenfinanzierten Rundfunkes mit einem TV-konformistisch braven Cast, der dem Thema den Vortritt lässt und vor allem lebt von dem schauspielerisch-emotionalen Drive seines Protagonisten Wotan Wilke Möring, der zumindest den Rahmen dieses Themenfilmes gut nutzt.
Möring ist der Gartenbauarchitekt Lars, hat die ideale, moderne, telegene Familie um sich rum. Seine Frau ist Anästhesistin in einer Klinik, Bub Pit ist 7 und Schwesterchen Maike ist 14.
Der erste Eindruck, den der Film vermittelt: Familie wird sehr realistisch dargestellt, als ein Nicht-Miteinander, sondern als ein Aneinandervorbeiorganisieren, ständige Versuche, sich zusammenzutelefonieren (was aus der Rückschau einen anderen Stellenwert erhält; wenn Lars vom ersten schönen Tag des Jahres spricht und damit sein Frau in der Leitung hängen lässt, weil gerade ein Baum gepflanzt werden muss). Familie nicht idealisierend dargestellt, sondern als hektischer Organisations-Betrieb.
Bald schon kommt der Hammer. Das Zentrum der Familie, aller Emanzipation und Gleichberechtigung zum Trotz: die Mutter, ist verschwunden. Sie hat sich im Forst umgebracht. Denn sie hatte Depressionen. Das könnte nun zum dramatischen Anlass genommen werden zu schauen, wie eine Familie reagiert, deren Mittelpunkt verschwindet.
Dorothee Schön, die fernsehbeflissene Autorin dieses Filmes von Johannes Fabrick, versammelt im folgenden eher kursorisch denn auf einem dramaturgischen Handlungs- und Spannungsfaden aufbauend, eher chronologisch die Pflicht- und Muss-Vorgänge im Zusammenhang mit dem Tod, mit einem Selbstmord: Dinge wie Leichenschau, Staatsanwaltsuntersuchung, Bestattungsinstitut, Beerdigung, Besprechung wo der Leichenschmaus sei, Auswahl eines Kleides für die Tote immer im Spannungsfeld von Vergangenheitsbewältigung (haben wir etwas falsch gemacht, wir wussten ja, dass sie depressiv ist; warum ist sie arbeiten gegangen, wenn sie wusste, dass sie krank war) und Gegenwarts- und Zukunftsbewältigung (was sollen wir in die Todesanzeige schreiben; woher soll ich denn wissen, was man anzieht, wenn man tot ist; die Caritas hat nur bis 6 auf, vielleicht könnte ich die Sachen morgen hinbringen; wir sollten was Neues drauf sprechen (auf den Anrufbeantworter); gibt es irgend etwas, was du von Sybille haben wolltest?).
Was überhaupt nicht vorkommt ist das beliebte Thema, dass der Tod immer unpassend komme.
Andererseits wirken durch diesen aufklärerischen, öffentlichen-TV-Bildungsauftrag die Handlungen eher wie Übersprungshandlungen, wie ungezielt-wabernde Tätigkeiten. Dieser Eindruck wird verstärkt dadurch, dass die Dialoge immer sachdienlich, sacherklärend sind und nie aus der Charakteristik einer Figur heraus entstehen. Insofern genügt der TV-konformistische Cast vollauf. Wobei in der Phase des Todes etwas auffällig viele angepasste junge Frauen im Bild rumwuseln. Erwachsenenbildungskino?
Nach etwa einer Stunde ist die erste Hauptaktivität nach einem solchen Tod erledigt, der Leichenschmaus vorbei, die Leiche unter der Erde. Jetzt geht das Leben wieder seinen Gang. Auch das hakt die Autorin recht kursorisch ab und biegt es am Schluss doch etwas gewaltsam auf ein Happy End mit Friede, Freude, Gugelupf zurecht, als ob man dem Zuschauer des öffentlichen Fernsehens nicht zumuten könne, dass so ein Tod als eine Last erhalten bleibt.
Aus der Gewinner-Film-Edition.
Avopärtmäßige Musik.