Bei Sendungen des öffentlichen Rundfunks muss anlässlich der höchst problematischen Umstellung der Finanzierung durch den keine Rundfunksteuer sein wollenden Rundfunkbeitrag extra streng als ein Kriterium der RAE-Maßstab angelegt werden, der Rundfunk-Auftrags-Erfüllungs-Maßstab: ist die Sendung im Sinne des öffentlichen Auftrages der Rundfunksender, zu wie viel Prozent erfüllt sie einen öffentlichen Auftrag? Die erste Folge dieser neuen Reihe von BR alpha, die einen Einblick in Jugendbilder aus sechs Jahrzehnten versucht, würde hier sicher auf der bejahenden Seite der Skala und mindestens im mittleren Bereich angesiedelt werden können. Sie ist ein bunter und unterhaltsamer Reusenzug aus Fernseh-Archiven, ein Kompilation von dokumentarischen Highlights aus den 60ern durch Gesellschaft, Politik und Kultur, gemischt mit einigen etwas steif neu inszenierten Familienszenen und Statements von Wissenschaftlern verschiedenster Couleur, die die Macher der Sendung (Mathias Leitner als Regisseur, Buch: Kristina Förtsch, Ralph Glander und Matthias Leitner, Redaktion: Eva Maria Steimle) auf einen einfachen Stuhl vor einen White-Screen setzen. Durch diese dichte Materialfülle aus den Wirtschaftswunder- und Mauerbauzeiten führt die Ich-Erzähler-Stimme von Thomas, dem ältesten Sohn der fiktionalen Familie. Aus den piefig-miefigen, Spießbürgermilieus der Adenauer-Ära wuchs in den 60ern, von welchen diese erste Folge handelt, eine Generation heran, die einerseits aus marxistischem Denken heraus sich gegen Vietnam, gegen die Vertuschung der Nazizeit und gegen die Notstandgesetze wehrte, andererseits aber auch gerne tanzte, nichts tat, im Kaffeehaus sass, fummelte („Zur Sache Schätzchen“) und vom Süden oder von Indien träumte. Make Love, not War.