Paolo Sorrentino, der Autor und Regisseur dieses Rom- und Römerfilmes lässt seinen Protagonisten Toni Servillo als Jep Gambardella sich erinnern, es gebe zwei Sorten von jungen Männern, die einen, denen das Wort Pussy über alles geht und die anderen, die sich vom Geruch von Räumen alter Menschen angezogen fühlen. Er, der Protagonist gehöre zur letzteren Sorte. Vielleicht ist der amerikanische Gatsby ein ferner Verwandter von ihm.
Aber dieser römische Gatsby indiziert, dass Paolo Sorrentino vielleicht der bessere Baz Luhrmann für die Gatsby-Verfilmnung gewesen wäre. So opulent und gleichzeitig vielschichtig- und vielgesichtig wie er diese wohlständige römische Künstler-, Intellektuellen und High-Society schildert, da liegt er allerdings näher bei Fellini – böse Zungen würden vielleicht behaupten, er kupfere nur schlecht ab.
Was Sorrentino allein an Typen und Gesichtern findet. Und wie er sie Partys feiern lässt. Wie er Jep immer mehr unter die Lupe nimmt. Jep hatte in seiner Jugend ein aufsehenerregendes Buch geschrieben, „Der menschliche Apparat“. Damit ist Jep berühmt und reich geworden. Den Rest des Lebens sehnt er sich nach der großen Schönheit, gesucht sie und findet sie nicht.
Stattdessen hat er das Leben mit Bla-Bla, wie er am Ende sagen wird, an Parties und Einladungen und mit viel Gerede über Kunst und Literatur, wovon hier im Film auch reichlich vorhanden ist, zugebracht. Gut erträglich insofern, als Sorrentino das mit starker, sizilianisch-malerischer Handschrift ganz individuell zeichnet.
Wobei in manchen Phasen sehr viel, sehr schnell auf Italienisch geredet wird. Die englischen Untertitel noch mitzuverfolgen kann recht absorbierend werden. Wobei der ganze Bla, das ganze Geschwätz, sich doch immer um die Kunst dreht.
Jep hat eine Verlegerin, die in einem ominösen Büro wohnt, sie ist eine Zwergin. Es gibt weitere Figuren in seiner Umgebung, die alle ihre kleine Geschichte haben. Andrea zum Beispiel, der Sohn von Viola, der bringt sich in seinem Auto um, indem er Gas gibt und dann die Augen schließt.
In der nächsten Szene geht es um die Theorie und Praxis von Beerdigungen. Die Ausführlichkeit der Behandlung des Themas riecht allerdings etwas nach einem Bedürfnis von Content-Compensation. Oder später der Kardinal, der ellenlang über die Zubereitung von bestimmten Gerichten referieren kann. Dann die uralte Heilige, Maria genannt, die als ein gesellschaftliches Ereignis in Rom auftaucht.
Jep wohnt exklusivst mit Dachterrasse, wo auch viele Gesellschaften stattfinden, direkt gegenüber dem Kolosseum. Es ist durchaus ein kritisches Portrait einer erfolgreichen Gesellschaftsschicht, die ein leeres Leben führt, die sich um nichts zu sorgen braucht, was Sorrentino uns vorführt. Jep sagt an einer Stelle, er möchte nur noch das machen, was er wirklich will.
Rom setzt Sorrentino als eine lebendige Kulisse ein; es kommt ein Stefan vor, der hat Schlüssel zu geheimsten Räumen in Rom mit wunderbaren Skulpturen und Kunstwerken. Oft wird die Stadt Kulisse, Sorrentino belebt Rom und seine Geschichte. Und vor allem: ein Fest ist ein Fest ist ein Fest. Und ein Kinofest ist ein Kinofest. A whirlpool of highlife. Jep will mit 65 nicht mehr tun, was er nicht will.
In einer Phase des Filmes treibt Jep sich mit Ramona, der Tochter von Egidius, dem Nachtlokalbetreiber, rum, die selbst tanzt. Sorrentino bringt Rom zum Tanzen aber den Zuschauer auch zum Nachdenken.
Die große Schöne, das ist sicher auch Rom; Jep sitzt auf ihrem Schoss und findet sie nicht.