The Place beyond the Pines

Schwere Schicksalskeule und schwere Moralkeule singen hier im Duett. Das fällt deshalb so deutlich auf, weil Derek Clanfrance das, was er uns mit diesem Film erzählen will, mit äußerster Klarheit und Präzision Schritt für Schritt vorführt, Bildlogik fast wie in einem Comic-Bilderheft oder in einer Fotoromanze. Wobei einzelne Sequenzen viel zu ausführlich geraten, so dass der Film eine Länge von deutlich über zwei Stunden erhält.

Die Schicksalskeule ist im Konstrukt angelegt, und zeitigt einen dreiteiligen Film. Die eine Hauptfigur, die erste Stunde etwa, ist Luke, gespielt von Ryan Gosling, ganz blond, Motorradheld, fährt in einer Jahrmarktshow in der Todeskugel. Nach der Show steht ihm plötzlich Eva Mendes als Romina mit vorwurfsvollem Blick gegenüber. Da war wohl mal was. Bald zeigt Romina ihm ein Kind. Es ist seines. Sie ist aber bürgerlich mit Kofi verheiratet, einem Schwarzen, was insofern wichtig ist, als das Kind garantiert nicht von einem schwarzen Vater sein kann. Es ist der Sohn von Luke. Luke will nun für sein Kind sorgen. Steigt aus der Show, die weiterzieht, aus. Er lernt einen Bastler von Mechaniker kennen, der keinen Job für ihn hat. Als Geldverdienst schlägt er Banküberfälle vor, da Luke schnell auf dem Motorrad fliehen könne. Ein paar Ecken weiter wird er in einen Lieferwagen einfahren und somit von der Oberfläche verschwinden. Die Beute in Sicherheit.

Nebst vielen rasanten Motorradfahrten und Banküberfällen, gibt’s noch die Taufe von Jason, dem Sohn von Luke, und Streit mit Romina und deren Mann, wie Luke das Zimmer seines Sohnes einrichten will. Schließlich misslingt ein Überfall. Nach einer Stunde Film ist Luke tot und Ryan Gosling abgespielt und man fragt sich, wieso er diese Rolle angenommen hat, wenn man an „Drive“ von Nicolas Winding Refn zurückdenkt, wo Gosling einen Stuntfahrer gespielt hat, der sich auch für Überfälle einsetzen ließ, wie oszillierte dort immer eine andere Ebene mit. Hier geht das nicht über die Oberfläche einer Fotoromanze hinaus. Er sieht zwar gut aus. Aber das wars denn auch.

Nachdem der Luke von Gosling tot ist, schlägt die Stunde von Avery, Bradley Cooper, der gut ins Schema eines Bürolisten passt. Er ist der Verfolger-Polizist, der Luke vorher gestellt und so angeschossen hat, dass er aus dem Fenster gefallen und tot in seiner Blutlache liegen geblieben ist. Das dauert jetzt schätzungsweise auch gegen eine Stunde, bis Cooper die Moralkeule schwingend den polizeiinternen Korruptionssumpf austrocknet und sich trotz Knieverletzung und seiner Intelligenz, die für einen gewöhnlichen Polizisten zu viel sei, nach oben gearbeitet hat und wie es in der deutschen Untertitelung heißt, Wahlkampf um die Position des Justizministers erfolgreich betrieben hat.

Dafür sind 15 Jahre vergangen. Jetzt kommt wieder die Schicksalskeule ins Spiel. Das ist nicht zuviel verraten. Die Söhne von Luke und von Avery sind 16 oder 17. Sie begegnen sich auf der Highschool. Die Heranführung dazu wird breit und wenig ergiebig erzählt. Nachts werden die Jungs von der Polizei angehalten und durchsucht. Wegen Besitzes illegaler Rauschmittel kommen sie in den Knast. Der honorable Korruptionsbekämpfer Avery lässt seinen Sohn, genannt AJ, auf dem kleinen Dienstweg wieder raus. Nach einer Nacht folgt auch Jason. Das Schicksal – auf den Begriff komme ich wegen der schweren Musik, die unterlegt wird, wie überhaupt mit Musik hier immer die volle Dröhnung gegeben wird, als ob der Film Angst habe, in sich hineinzuhorchen, ob er überhaupt etwas und wenn ja, was zu erzählen habe – das Schicksal also will es, und das ist auf Meilen abzusehen, dass die beiden Kids ihre Herkunft erfahren. Und die Moral von der Geschicht: dem Schicksal entrinnst Du nicht, aber der Mann hat ein Recht auf eigene Frau und Kind.

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