Hanni und Nanni 3

Schwung- und stimmungsvolles Zielpublikumskino am recht lockeren Drehbuchzügel von Christoph Silber und in der Regie von Dagmar Seume.

Ein Film, der das Thema Haltbarkeit von Jugendfreundschaft in Stichworten durchaus anspricht, wenn auch nicht analytisch vertieft. Es geht um die unverbrüchliche Freundschaft von Hanni und Nanni. Die ist genau so lange ungefährdet, bis der lockenköpfige Romeo, Clyde, ins Spiel kommt. Ab da spielt die Gefühlswelt von Hanni in nie gekanntem Maße verrückt.

Nichtsdestotrotz soll es vor allem ein fröhlicher, ein spukhafter, ein ungezogener, ein mädchenhaft verspielter Film werden. Dazu tragen schon Ausstattung, bunte, teils-verrückte Farbgebung, die Kostüme hervorragend bei. Ein Internatsfilm mit all den skurrilen Lehrerinnenfiguren, den Gespenstergeschichten, den Gören, den nächtlichen Ausflügen in verbotene Reviere und derweil noch der Kampf aufkeimender neuer Gefühle. Das heißt unterm Strich: Turbulenz. Turbulenz, die tiefere und ernstere Gefühle gnadenlos unter den Teppich kehrt.
Gegen diese Buntheit wird immer wieder in Bildern, die die Szenen verbinden, das Internat von außen gezeigt, am liebsten als graues, schauderliches Spukschloss.

Die Ankunft eines Buses mit englischen Austauschschülern versetzt das Internat in emotionalen Aufruhr, gefährdet die Schuldisziplin. Es wurden Mädchen erwartet. Der den Schülerinnen willkommene Irrtum mit den Jungs ist auf einen Irrtum von Mägerlein, der streng prononcierenden Lehrerin, schier unantastbar gespielt von Suzanne von Borsody, zurückzuführen. Sie hatte Nottingham mit Tottingham verwechselt. Mit einem herrlichen „oing, oing“ froscht die in der Rolle der Französin Madame Bertoux sicher einzigartig besetzte Katharina Thalbach den Fehler an die Chefin zurück.

Für den Elternabend soll „Romeo und Julia“ von Shakespeare aufgeführt werden. Die Ankunft der englischen Boys bietet unerwartete Besetzungs-Lösungen, führt aber auch dazu, dass Hanni, die aus Rücksicht auf die unverbrüchliche Freundschaft mit Nanni die Rolle der Julia bereits abgelehnt hat, sich doch wieder für die Rolle entscheidet und damit den ernsthaften Bruch mit Nanni riskiert. Aber zu lange halten wir uns hier nicht auf. Ein Internat mit Hanni und Nanni ist keine Depro-Anstalt. Sie ist schließlich zur Unterhaltung fürs junge weibliche Publikum gedacht. Und keine Studie in Konsequenz von Konflikten und Handlungen.

Allerdings geistert das Liebesthema auch so durchs Schloss, nicht nur, dass Hanni und Nanni und auch Daniela auf den Romeo stehen; um ein nächtliches Treffen von Hanni und Clyde möglich zu machen, müssen mit falschen Briefen Frau Mägerlein, bei der es schon einige Zeit her sein dürfte, dass sie Gefühle mit einem anderen Menschen ausgetauscht hat, und dem Austauschlehrer Gordon zur Verabredung eines Kinobesuches fingiert werden und auch Hannelore Elsner als die soziale, weich-weibliche, verständnisvolle, etwas verträumte Frau Theobald bekommt, von den Mädchen entdeckt und gemanagt ihre alte Jugendliebe Professor Kästner wieder.

Es ist ein Frauenfilm, ein Film starker Frauen, auch starker Nachwuchsfrauen; von Borsody, Thalbach, Elsner, können für ihre Figuren aus dem Fundus reicher Berufserfahrung schöpfen und lassen nichts aus; während die Männer schon vom Drehbuch her blasser entworfen sind, Gordon und auch Professor Kästner; Konstantin Wecker, der mit dieser Rolle betraut wurde, kann leider vom Spiel her, er ist ja auch kein Berufsschauspieler, nicht mithalten mit den starken Damen. Den Damen dürfte das zupass kommen.

Die Musik lässt keine Lücken zu, umfängt den Zuschauer wie bei einer Megaparty mit ständig starkem Sound. Ein Film eher wie eine Party, der die verletzlichen Seiten, die empfindsamen Seiten, auch die traurigen Seiten des Erwachsenwerdens entweder ausblendet, den Figuren wenig Chance auf inneren Monolog, auf Perzeption gibt. Dadurch seine Wirkung im Wesentlichen auf die heranwachsenden Mädchen im Schulalter beschränkt, weil sie viel altersgemäße Action sehen und insofern beim Zielpublikum auf heiße Gegenliebe stoßen dürfte.

Eingestreute Shakepeare-Zitate erinnern daran, dass wir es immerhin mit einer Bildungsinstitution zu tun haben. Aber da die sonst schon ernst genug ist, wollen wir diesen Ernst nicht auch noch in den Film hinein verlängern. Vielleicht ein Erträglich-Mach-Film für eine Zwangsinstitution, ein Befreiungsfilm gewissermaßen.

 

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