Hitchcock

Eine filmische Sightseeing-Tour durch einen Lebensabschnitt des Meisters des Suspense, Alfred Hitchcock, mit fleißig elaborierten Kostümen, zeitgenauen Settings und vieler mehr oder weniger präziser Maskenarbeit.

Keine große geistige Anstrengung für den Zuschauer. Ganz unschauderlich brav und bieder mit wenig Hitchcockgeist und viel Hitchcock-Imitat erzählt John J. McLaughlin nach dem Buch von Stephen Rebello und in der Regie von Sacha Gervasi die Entstehungs-Geschichte des Filmes Psycho.

Hitchcock war bereits ein berühmter und erfolgreicher Filmemacher. Aber mit Psycho hatten es die Produzenten nicht so ganz. Sie verweigerten ihm erst die Unterstützung. Das Studio schlug ihm vor, er solle auf seine Gage verzichten und dafür an den Einnahmen beteiligt werden. Während der Produktion kommt es zur Krise mit seiner Frau Alma. Sie hat Fotos entdeckt, die ihr Ehemann und offensichtliche Voyeur von einer Schauspielerblondine durch ein Sehloch zwischen seinem Büro und der Garderobe gemacht hat.

So lässt sich Hitchcocks Gattin von einem Autor, dessen Drehbuch Hitchcock zugunsten von Psycho abgelehnt hat, den Hof machen und arbeitet mit ihm in einer eigens angemieteten Strandhütte an dessen Buch. Bis zu dem Tag, wo sie diesen Autor mit einer Schauspielerin erwischt, also selber ausgebootet wird.

Wir erfahren, dass Hitchock bei Drehbeginn von der versammelten Crew einen Eid zur Verschwiegenheit verlangt. Dass er die blonden Stars gerne beim Umkleiden von seinem Büro aus beobachtet. Dass er zwei Hunde hat. Dass seine Frau ein ganz schönes Wörtchen bei seinen Filmen mitzusprechen hat, auch bei den Besetzungen. Nach der Versöhnung der beiden ist, so wie es hier im Film dargestellt wird, vor allem sie es, die Psycho konsumierbar macht – und wie! Das zeigen die Publikumsreaktionen bei der ersten Vorstellung in nur einem von zwei Kinos, in denen der Verleih den Film anfänglich rausbringen wollte.

Somit ist der Grundstein für den riesigen Kassenerfolg gelegt und die filmhistorisch-touristische Rührgeschichte kann sich dem Ende zu neigen. Hitchcock kann mit Alma in seinem großzügigen Landhaus wohnen bleiben, denn, das erfährt der Zuschauer sozusagen als Spannungsmacher, im Nicht-Erfolgsfalle droht der Auszug aus finanziellen Gründen.

Im Abspann erfahren wir weiter, dass Psycho sein größter Erfolg geworden ist. Dass er später an diesen nicht mehr anknüpfen konnte. Die Darsteller geben sich alle Mühe mit den vom Drehbuch her doch recht eindimensional geschriebenen Figuren, die nur dazu dienen, Anekdoten oder bekannt gewordene Aussprüche zu illustrieren.

Anthony Hopkins bekommt als Hitchcock anfänglich eine gewiss schmerzhafte Lippenverschwülstigung, auch einen dicken Bauch. Aber er macht das alles so todernst, dass er wie ein Massenmörder erscheint, nie aber als der Hitchcock mit dem ihm eigenen trockenen Schalk. Er steht zwar immer ruhig, versucht eine Bewegungsbehinderung im Gang zu imitieren.

Auch Helen Mirren als Alma wird schwer geschminkt und geht redlich durch ihren Part. Die jungen Blondinen sind glaubwürdig auf Blondinen oxydiert. Und die deutsche Nachsynchronisation lässt in einem den Wunsch nach Ohrstöpseln aufkommen. Das Ganze wirkt wie eine brave Seminararbeit von einem Filmstudenten, der auf diese Weise ein Stück Filmgeschichte aufarbeiten will. Zu bezweifeln, dass diese Kamera dem Publikum die Wahrheit sagt, so wie Hitchcock in einem Gespräch mit einer zweifelnden Schauspielerin behauptet. Fleißige äußerliche Herrichtung von Tempi Passati. Groschenromanniveau: Alma: „ich ertrage es nicht, wenn wir beide im Selbstmitleid versinken.“

Und so möchte ich nicht in Selbstmitleid ertrinken, bloss weil ich mir die Zeit genommen habe, dieses Imitat anzuschauen. Es ist ja doch interessant zu sehen, was Menschen so alles unter Kino verstehen oder vielmehr: unter der Verehrung desselben.

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