Ritter Rost

Nichts kann Kinderfantasien mehr anregen, als Liegengelassenes, Unorganisiertes, Vergessenes, Ausrangiertes, Gebrauchtes. Schrott! Und davon haben sich auch die Autoren Jörg Hilbert und Felix Janos anregen lassen und ein Schrottuniversum, das Königreich Schrottland entwickelt, welches Mark Slater und Gabriele Walter zu einem Drehbuch weiterverwertet haben und Thomas Bodenstein, Hubert Weiland und Nina Wels haben dem Schrott den Rest in Form von Regie zum furiosen Recycling in Form dieser Animation gegeben.

Direkt gehen die Figuren auf Gegenstände des alltäglichen Gebrauches zurück. Schrauben und Muttern, Schraubenschlüssel aber auch Kaffeetassen und das geht bis zum rostigen Stahlpferd, das mit Motor versehen sich bei Ritterwettbewerben dem Kampf stellt. Wie die Gegenstände dieses Universum aus der Schrotthalde kommen und da ihr Eigenleben entwickeln, so scheinen auch die Elemente der Geschichte aus einer großen Geschichtenhalde zu kommen. Da geht es um Ritter und Drachen, um Könige und prahlerische Prinzen, um Burgfräulein Bö und das Nähen eines Kleides und eines Hochzeitskleides mit einer alten oder mit einer automatisierten neuen Nähmaschine, um Ehrlichkeit und Unehrlichkeit aber auch um ganz alltägliche Dinge wie das Bezahlen oder Leihen oder das Zurückzahlen.

Die Figuren sehen alle sehr fantasievoll aus, mehr den Gegenständen nachempfunden, oft aber auch inspiriert sicher durch diese knappen Simpsons-Figuren. Ritter Rost mit seinem kleinen Begleiter, dem grünen Drachen Koks, sind die Hauptfiguren. Ritter Rost, ein Ritter der traurigen Gestalt, bestehend aus einer chronisch leeren Ladenkasse, die statt Zahlen meist nur Fragezeichen oder „Nö“ anzeigt und der durch diesen chronischen Geldmangel ständig in der Bredouille steckt; so dass schon das Antreten beim Ritterkampf im Burghof des Königs Bleifrei vom Schrottland problematisch wird, denn irgendwo fehlt immer eine Schraube für den Motor, den er in sein eisernes Pferd einbaut – und der braucht dazu noch Benzin, was auch wieder kostet.

Auch der Charakter von Ritter Rost ist eine Mischung aus eisenhart und voll verbeult. So nimmt er einfach dem Burgfräulein Bö weg und verpfändet sie einem Gauner. Es kommt zu tollen Ritterkämpfen – und wie die Geschlagenen durch die Luft fliegen! – und Ritter Rost besiegt den aufschneiderischen Prinzen Protz, dessen Burg jedes Jahr etwas wachsen muss und der von allem das Modernste haben muss. Aber der Sieg wird ihm aberkannt. Das war eine reine Intrige des Pfandleihers und des Prinzen Protz. Als aberkannter Ritter wird er des Schlosses verwiesen und wird nun zum Bruder der Landstraße, während Prinz Protz sich an das Burgfräulein ranmacht. Doch kein Märchen-Schicksal kann so schnell unumkehrbar sein. Wenn Rost dem König einen Drachenkopf beibringen würde, dann kann er seinen Rittertitel zurückerhalten. Da kommt die Invasion des unverschämten Prinzen Protz dazwischen. Somit stehen unseren Figuren noch einige waghalsige und auch mal den Körper bis zum Anschlag dehnende Abenteuer bevor.

Ganz im Hintergrund, ganz beiläufig sehen wir ein paar Mal auf einem Müllberg, den so nur die Menschheit anhäufen kann, ganz schräg ein Schiff wie die Arche Noah. Eine entfernte Erinnerung an das Bild mit dem weißen Segelschiff, was bei den Simpsons im Wohnzimmer hängt und nie eine Rolle spielt. Der Müllberg, als der Berg, der das rettende Schiff trägt – leuchtet doch direkt ein.

2 Gedanken zu „Ritter Rost“

  1. OH, den kleinen Drachen, den habe ich ganz unterschlagen; aber der wäre natürlich eine Gelegenheit, darüber nachzudenken, wie wichtig doch ein Frechheit bisweilen sein kann.
    Aber den Kindern kann man sowieso nicht leicht was vormachen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert