Paradies: Liebe

Ulrich Seidl schleppt uns zwei Stunden lang mit in den nieder-animalischen Schwarz-Weiß-Bereich an einer Urlaubsküste Kenias, ein Farbfilm.

Ulrich Seidl, der Autor und Regisseur, nimmt uns an der Kandare des Triebhaft-Sehnsüchtigen mit in den Sex-Traum-Auslebe-Bereich weißer Frauen, die im Holiday-Resort „Flaming-Beach“ auf den Geschmack kommen, schwarze Männer fürs Vergnügen und gegen Geld zu kaufen.

Er inszeniert das alles vorzüglich und die Schauspieler spielen ohne falsche Scham und sehr überzeugend und der Film fängt auch vielversprechend an.

Auf einem Rummelplatz im Autoscooter. Eine etwas älteres Dame steht am Rande vor einem Prospekt mit Meer und Palmen, Afrika. Sie beaufsichtigt ihre Schützlinge. Das sind Behinderte, die gerade darauf warten, dass die nächste Runde im Autoscooter losgeht. Nun holperts und rummsts und schepperts und wackelts. Da ist was los. Kollisionen noch und nöcher. Und gewollt.

Zu Hause trifft diese nicht ganz dünne Frau, Margarete Tiesel als Teresa, auf ihre phlegmatische Tochter im widerborstigen Alter, die mit den Schuhen auf dem Bett liegt. Sie verfrachtet sie zu einer Bekannten oder Verwandten, denn Teresa selbst wird nach Kenia fliegen. Noch in ihrer Wohnung gibt’s eine kleine Vorahnung auf das Nieder-Animalische, was uns in Kenia erwarten wird. In der Küche schaut sie in einen Topf, zieht ein Stück vergammeltes Fleisch heraus, lässt es verächtlich in den Mülleimer fallen. Soviel zum selbstreferentiellen Inhhaltsverweis.

Begrüssungs- und Anpassungszeremonial in Kenia. Wie sagt man Hallo, „Jambo“ und eine kleine Anekdote, bei der der Begriff „geiler Bock“, den eine Weiße einem Schwarzen beibringen wollte, eine gewisse Rolle spielt. Kurz informative Bilder vom Hotel.

Und schon sitzt Teresa mit einer Freundin, die sie getroffen hat, in der Hotellounge. Diese Freundin ist bereits auf den Trip mit den jungen schwarzen Männern gekommen, die sie bezahlt und ist hin und weg davon und animiert Teresa, das doch auch zu versuchen. Aber erst legen sich die beiden an den Strand. Liegestuhl an Liegestuhl hängen da Wampen allen Alters und beiderlei Geschlechts mehr oder weniger rot gefärbt in der gleißenden Sonne. Gegen den Wasserrand hin, einige Meter vor den Liegen, sperrt ein Plastikband den Hotelbereich gegen den Reststrand ab. Davor stehen wie Salzsäulen Schwarze mit diversem Tand und Schmuck in der Hand, den sie verkaufen wollen. Zwischen Händlern und Gästen patroulliert ein Hotelangestellter, damit keine Überschreitungen passieren.

Teresa versucht den Ausbruch aus dem abgesperrten Bereich, spaziert allein gegen das Wasser und ist sofort umringt von den Händlern. Hier findet auch der Erstkontakt zu einem Lover statt. Doch der ist, wie sich beim ersten Sexversuch erweist, zu aufdringlich, zu grob. Bei ihrem zweiten Alleinspaziergang erscheint ein Rasta-Locken-Typ, der die Händler abweist und sich respektvoll gibt. Daraus wird die erste Affäre.

Mama, nennen die Schwarzen diese liebeshungrigen weißen Damen. Mamas sind vor allem dafür da: zu blechen. Bis Teresa dahinter kommt, dass der so zurückhaltend sich gebende Rast-Locken-Typ verheiratet ist und auch nur an ihr Geld will. Lauter kranke und verunfallte Verwandte, die dringend Geld brauchen. Also sucht sie sich einen anderen. Und noch einen anderen. Teresa kommt auf den Geschmack und nimmt es lockerer. Ein Problem für sie ist vielleicht, dass sie ganz exakte Vorstellungen hat, wie die geschlechtlich-erotische Begegnung zu verlaufen hat. Aber wer zahlt, befiehlt.

So geht denn die Chose immer mehr ins Animalische, ins Nieder-Animalische. Es geht soweit, dass drei Frauen Teresa zum Geburtstag (zwischendrin waren vergebliche Anrufe an die Tochter zuhause, wie kann sie nur Mamas Geburtstag vergessen; wirklich tragisch) einen Schwarzen „schenken“. Das führt zum Ansatz eines Rudelbumsens zu viert, wenn nur der gekaufte Mann eine Latte kriegen würde. Einmal in dieser Tiefebene angekommen führt auch kein Weg mehr hinaus. Man empfindet nur noch die Leere des Treibens, die Leere der Figuren, die Leere dieses Filmes. Und ich fühle mich schwer und fett und unbeweglich und unsexy.

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