Dredd

Eine düstere Welt bestehend aus Chaos und Ordnungshütern, ohne Perspektive, ohne Liebe ist es, die hier beschrieben wird. Dazu noch in 3D, was alles noch düsterer erscheinen lässt, 3Duster.

Es gibt zwei Hauptfiguren, die stehen am Ort der Handlung, einer Megacity, auf der Ordnungsseite, das sind Judge Dredd und die blonde Anderson, die eigentlich keine Zulassung für den Job hat, aber sie sieht immer so aus, wie gerade aus dem Wasser gezogen und hat telepathische Fähigkeiten, kann Gedanken lesen, wird also diesen Film lang auf die Tour mitgenommen in diese abstoßende, kalte Welt, die fast nur aus abstrakten Räumen wie Gefängnisbetriebe, Betonschuhschachteln oder Hochhäusern wie kommerziellen Brutkolonien besteht, diese Megacity, die 800 Millionen Einwohner hat und auf den Ruinen einer anderen Stadt gebaut ist, in der keine Sonne scheint und in der es kein Grün und keine Seen gibt, keine Kaffees, keine Flaniermeilen, keine Shopping-Malls, keine Denkmäler, keine Touristen, keine Hotels, keine Theater, keine Tonhallen, noch Bibliotheken oder Universitäten und auch keine Sport- und Spielplätze. Ein cleanes Bühnenbild gewissermassen aus Beengung und Angst.

Eine Welt, in der die Menschen keine Perspektiven haben und nur gejagt und verfolgt werden, in der schnell mal geschossen wird. In der eine Sprache gesprochen wird, in der noch das kleinste Wort wie „Schlampe“ oder „Beurteilung abgeschlossen“ (was das einzige Kompliment im Film ist), oder „ein verdammter Fleischwolf“ (für die Megacity, da werden oben Menschen reingetan und unten kommt Fleisch raus), oder „wir schnappen ihn uns“, „die Täter waren unkooperativ“, alle diese Wörter und Sätze werden stereotyp fast wie ein Choral als Lob der Kaputtheit mehr mit Bass als mit artikulierender Zunge, wie Verdikte ganz wichtig gesagt, mit einem Touch von apodiktisch, so bärig was für spaßige Synchronsprecher, die das mal richtig raushängen lassen dürfen, dieses Überlegenheitsgefühl, das dem Satz sein Gewicht nicht mit zungenfertiger Artikulation verleiht sondern mit dem drohenden Wummen des Basses.

Eine Welt, in der die Blonde zwar Frau ist, aber immer irgendwie hilflos wie frisch aus dem Ei gepellt schaut, als hätte es noch nie eine andere Welt gegeben und als würde es nie eine andere Welt geben können. Eine Welt in der der Mann, der für Ordnung sorgt, eher wie eine gepanzerte Kakerlake – und somit scheinbar unkillbar – daherkommt, oder wie ein GI im Irak oder in Afghanistan, vom Gesicht ist nur das unrasierte Kinn und ein fleischiger Mund zu erkennen, der wenig Anhaltspunkte dafür gibt, wozu diese Lippen wohl gut seien.

Wäre zu reflektieren, was den angepeilten Konsumenten dieses Filmes daran so faszinieren soll. Vielleicht sieht er wirklich die Mühle eines trostlosen Alltages, die inhumane Brutalität von Machtapparaten, deren Unmenschlichkeit, die Unterdrückung in einem mechanistisch gewinnorientierten System. Es gibt ja interessanterweise auf der bösen Seite auch eine Frau, die Ma-Ma genannt wird. Das Böse mit dem Wohllaut der Geborgenheit. Sie ist schwarzhaarig, hat eine Riesennarbe auf der einen Wange, die sich von Bild zu Bild leicht wandelt. Auch das liesse sicher tiefenpsychologische Deutungen zu. Sie hat zur Seite einen Gehülfen, der so gar nicht in diese Welt passt, ein langhaariger junger Mann, eher sentimental, eher verträumt, Sex mehr in Gedanken und mit sich selbst als in Praxis ist zu vermuten, und im Umgang mit Computer und Überwachungssystemen versiert. Ein Opfer auf der bösen Seite des Systems. Wie der nur dahin gelangt sein mag.

Eine Welt, die wie ein riesiges Gefängnis ist, unhauslich, Riesenhochhäuser mit Rieseninnenhöfen; die Stadt als Kriegsfeld und Menschenfarm. Eine merkwürdig maschinelle, ruinenhafte Welt, in der doch seltsame Menschlichkeiten auftauchen und immer auch wieder Gefühle vor allem von Angst oder auch von Überlegenheit, Gefühle, die vielleicht wie Pionierpflanzen doch Hoffnung verbreiten, dass noch was werden könnte aus dieser Chaos-Town, dass noch nicht alles abgestorben und durch den Fleischwolf getrieben sei?

Das Buch stammt Carlos Ezquerra und Alex Garland, für die Regie zeichnet Pete Travis.

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