More than Honey

Hier geht’s ans Eingemachte, uns geht’s an Eingemachte in diesem Film, denn wenn die Bienen aussterben, so stirbt vier Jahre später der Mensch, das sagte schon Einstein.

In China sind als eine Spätfolge von Mao die Bienen weiträumig ausgestorben. Die Chinesen aber nicht, denn sie wissen sich zu helfen: Kleinunternehmer fahren 2000 Kilometer weit, um dort von Hand Pollen aus Apfelblüten zu sammeln. Diesen trocknen sie und bringen das kostbare Pulver zurück in ihre Heimat. Dort verkaufen sie es an die Apfelbauern. Mit Pinseln bringen diese den Importpollen auf die Blüten an, eine aufwendige Prozedur – und wie Wissenschaftler festgestellt haben, nicht ganz so erfolgreich, wie wenn Bienen es tun würden. Aber ein lohnendes Geschäft. Bienen würden es nicht nur umsonst tun, sie würden uns sogar noch Honig dafür liefern.

Der Film des Schweizers Markus Imhoof gibt sich allerdings nicht so apokalyptisch wie das Einstein-Wort, das er zitiert. Er führt uns eher leise und mit dem gewissen Schweizer Understatement in die Welt der Bienen und unsere Abhängigkeit davon ein.

Es ist ein Film, der einen nicht mit lautstarken Thesen zudeckelt, sondern einer, der einen mit mehr Fragen zurücklässt, als er beantwortet.

Er fährt auch zweigleisig. Auf der einen Schiene informiert er uns im populärwissenschaftlichen Sinne über das Leben der Bienen – was Kameras heute so alles vermögen, in einem Bienenstock Mäuschen spielen oder mit einem Bienenschwarm mitfliegen, das sind bemerkenswerte Einblicke, die Details der Arbeit im Bienenstock, vom Eierlegen und Pflegen, von der Verpuppung der Larven, der Geburt der Königin oder von den Drohnen bis zur Begattung der Königin im freien Flug und umschwärmt von eine Unzahl von Drohnen und natürlich die Honiggewinnung.

Die andere Schiene befasst sich mit dem aktuellen Zustand der Imkerei, die in den westlichen Ländern von der industriellen Imkerei dominiert wird und die Probleme, die mit dieser verbunden sind, aber auch die Vorgänge, die damit zusammenhängen: Postversand befruchteter Königinnen mit Hofstaat aus den Schweizer Bergen, Wanderimkerei quer durch die USA im Jahreszeitenverlauf, anfangend mit den Mandelplantagen in Kalifornien; die Probleme mit Krankheitserregern bei den Bienen, der Einfluss von chemischen Spritzmitteln auf die Bienen; die Behandlung von Bienen mit Antibiotika und was davon in den Honig fließt.

Es ist wie immer in Filmen über die industrielle Nahrungsmittelproduktion, dass es sich gut macht, wenn Gegenbeispiele, hier der „natürlichen“ Imkerei gefunden werden. Das ist ein Schweizer Imker in den Alpen, der sein Bienenvolk reinrassig will und die Bienenkönigin mit dem Gelben Po köpft, denn die ist eine Zugewanderte.

Überhaupt musste Markus Imhoof nicht weit suchen. Er selbst stammt aus einer Familie von Imkern, sein Großvater, der eine Konservenfabrik betrieben hat, wusste sehr wohl, wozu die Imkerei nützlich und nötig ist. Und der Sohn von Imhoof samt Tochter und Schwiegertochter sind selber wieder Bienenforscher, in Australien nämlich, weil dort die für die Bienenzucht verheerenden Milben nicht vorkommen. Sie experimentieren mit den Genen von Bienen und benutzen dazu eine einsame Insel, auf die bestimmt keine anderen Bienen kommen. Durch diese verwandtschaftlichen Bande bekommt der Film einen sehr persönlichen Anstrich, der gewinnend und interssebindend wirkt.

Auf einen reißerischen Aspekt mochte Imhoof dennoch nicht ganz verzichten. Das sind die Killerbienen, Resultat einer Züchtung aus afrikanischen und europäischen Bienen, von denen einige Völker aus einem Labor ausbüxen konnten und die jetzt in Amerika immer auch wieder Menschen überfallen und die sowieso mit Resistenz gegen alles Mögliche brillieren, nicht nur gegen von Menschen bereit gestellte Kästchen, sondern auch gegen Viren, Milben und Antibiotika.

Imhoofs Dokumentar-Honig ist von feinster Schweizer Verarbeitung und hervorragend genießbar.

Eine Figur aus dem Raritätenkabinett ist Professor Menzel aus Berlin und Bienenforscher. Der stattet Bienen mit Sendern aus, zeichnet über Radarempfang deren Flugrouten nach und versucht zu erforschen, wie sie mit ihrem Schwänzeltanz über ergiebige Honigvorkommen informieren und wie sie selbst neue entdecken und Rückflugrouten kombinieren. Ein Universum für sich.

Für das ständige Bienensummen auf der Tonspur das immer wieder die Qualität eines einzigartigen Film-Scores erreicht, stehen Peter Scherer, Musik. und Nils Kirchhoff, Sound-Design.

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