Argo

Das ist eine verrückte Geschichte, die uns Ben Affleck sowohl als Regisseur als auch als Hauptdarsteller auftischt.

Und dennoch ist es eine wahre Geschichte. Diese Mischung aus wahr und verrückt, die beherrscht Hollywood aus dem Effeff und bei dieser Befreiungsgeschichte spielt Hollywood als Mittel zum Zweck sogar eine entscheidende Rolle.

Anlass für Ben Affleck, diesen Film zu machen, war die Reportage von Joshua Bearman über eine dramatische Befreiung von 6 amerikanischen Diplomaten aus dem Iran, die nach Stürmung der amerikanischen Botschaft am 3. November 1979 fliehen und in der kanadischen Botschaft sich verstecken konnten.

Der Film nimmt uns emotional gleich gefangen. Nachdem Chomeini aus dem Exil in Frankreich nach Teheran zurückgekehrt ist und den Schah gestürzt hatte, wurde auch die amerikanische Botschaft zum Ziel von Ausschreitungen. Diese schildert der Film mitreißend aus den verschiedenen, immer bedrohlicher werdenden Perspektiven und dann die gelungene Flucht der 6 Botschaftsangehörigen und ihr Unterkommen bei den Kanadiern.

Der Geheimdienstler Tony Mendez hatte die Idee mit dem eiligst erfundenen Filmprojekt „Argo“, für welches eine kanadische Filmcrew in Iran gerade recherchiert haben soll. Jedem Flüchtling wird in dieser Crew eine Rolle zugeteilt. Dafür gelang es Mendez, sich der Mitarbeit eines Hollywood-Produzenten und eines Make-Up-Spezialisten zu versichern. Eiligst mussten Skizzen und Fotos und Prospekte für das Projekt angefertigt, die Botschaftsangehörigen in ihren neuen Rollen gedrillt werden.

Und natürlich immer wieder Hektik in Washington beim Geheimdienst, beim Außenministerium und bis zum Präsidenten. Wie es sich für einen spannenden Thriller gehört.

Wie dann die geplante Fluchtaktion, die mittels eines Swissair Fluges gelingen sollte, in Gang kommt, das ist nichts für schwache Nerven. Mit einem lottrigen VW-Bus fährt dieses falsche Filmteam von der kanadischen Botschaft los in Richtung Teheraner Flughafen. Letzte Infos über die bevorstehenden Kontrollen. Die Revolution hat jede Menge davon hervorgebracht. Aber da sind ja auch noch die üblichen Check-Ins und Checkings von Flugticket etc.

Schon bei der Reservierung bei der Swissair muss etwas schief gelaufen sein. Aber das war noch eine Kleinigkeit. Denn die harten Kontrolleure sind die bärtigen, dümmlich wirkenden, kein Englisch sprechenden Revolutionsmilizen. Da ist es nicht unbedingt von Vorteil, wenn in den Zeichnungen zum Film eine sehr dünn bekleidete Frau vorkommt. Wobei mir aber eine Stelle doch merkwürdig vorkam, der Islamist, nennen wir ihn so, erhält von einem Mitglied der Crew eine Telefonnummer der Filmproduktion in Amerika, die das Projekt und die Recherchereise bestätigen könne. Da ist dann doch verwunderlich, wie der Islamist aus dem anderen Ende der Leitung auf englisch vernimmt, dass die nachgefragte Person im Iran auf Sujet-Suche sei, das gleich versteht und seine Zweifel schwinden.

Und verwunderlich ist schon auch, wie die Swissair endgültig Starterlaubnis hat und die dummen Revolutionäre, die im Countdown ziemlich durchgeknallt reagiert haben, neben dem Flugzeug her rasen mit ihren Autos und Waffen, dass sie nicht auf das Flugzeug schießen, so durchgeknallt, wie sie im Film geschildert werden (und natürlich geht es hier nicht um historische Genauigkeit, hier geht es selbstverständlich auch darum, eine Feindbild „Islamist“ zu untermauern), müssten sie auf das Flugzeug geschossen haben.

Dass die Sache am Ende gut ausgeht, das ist bekannt. Und der Geheimdienstler ist ein Held, aber da es sich um eine Geheimaktion handelte, bleibt er vorerst inkognito ein geheimer Held für die gute Sache Amerika. Hier wird auch klar, dass dies ein engagierter, patriotischer Film ist, wie Künstler sich für die gute Sache Amerika engagieren. Ein bisschen scheint mir das auch naiv. Und dürfte hierzulande nicht auf allzu fruchtbaren Publikumsboden fallen.

So ehrenwert die Idee ist, Gewalt mit List auszutricksen, so ist sie hier doch allzu deutlich in den amerikanischen Freiheitsbegriff eingespannt, der bei uns durch die absurden Kriege im Irak und in Afghanistan, durch Guantanmo, das immer noch existiert und die Politik der heimtückischen Drohnenangriffe, die der jetzige Präsident und Friedensnobelpreisträger Obama brutal forciert, nur noch sehr verschrammt vorhanden ist; außerdem sind die Europäer im Moment viel mehr mit ihren Währungsturbulenzen beschäftigt, als dass sie sich um ein amerikanisches Freiheitsideal, was durch den Antiterrorkrieg in Mitleidenschaft geraten ist, noch groß interessieren würden.

Eine verrückte Geschichte, prima und hochprofessionell erzählt, aber ob der ideologische Boden dafür bei uns noch fruchtbar ist, das ist die Frage.

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