Resident Evil: Retribution

Frauen werden die Menschheit retten, aber Frauen aus künstlicher Intelligenz wollen sie auch zerstören.

Allen Rettern voran Milla Jovovich als Alice, sie, die in diesem Film Model für ganze Serienproduktionen von Klonen ist. So wird sie einen Teil der Action auch in Begleitung eines Klonkindes bestreiten. Das Kind ist verständlicherweise leicht irritiert, wie sie die Stelle passieren, an der in einer riesigen Montagehalle an endlosen Förderbändern, wie man es aus Dokumentationen über Tierschlachtung kennt, Menschenhüllen wie Hühnerkörper oder Schweinehälften an Haken durch den Raum gondeln, in endlosen Reihen, alles Doubles von Alice oder von ihrer Tochter.

Alice ist zu diesem Zeitpunkt gefangen in einem riesigen geheimen Labor in eisiger Zone Russlands, in Kamtschaka. Hier gibt’s noch einen U-Boot-Hafen. Darunter wölben sich wie Megacities die Experimentierstationen, nachgebaute Ausschnitte von New York, Tokio, London, alles künstlich, selbst Regen, Schnee, der Horizont; eine Duplizierung der Wirklichkeit – wie sie das Kino schon lange betreibt und liebt.

Heute hat das Kino allerdings die Möglichkeit dieser Duplizierung durch genaue Raumskizzen, durch holographische Pläne noch einen zusätzlichen Touch von Wahrhaftigkeit, von gefakter Wahrhaftigkeit, zu verleihen. Auch 3-D, wie hier verwendet spielt bei diesem Versuch eine Rolle.

Da war sich selbst Alice nicht sicher, nicht bewusst, dass sie darin gefangen war.

Das Grundproblem in dieser Geschichte ist ein altes: vor schon längerer Zeit ist bei Experimenten ein Virus, ein hochgefährliches Teil, ausgebrochen. Wenn ein Mensch davon erfasst wird, verliert er seine Menschlichkeit, wird zum Monster.

Ganze Horden von solchen Monstern jagen nun Menschen, die wie Püppchen in kleinen Häuschen wohnen. Es sind gewaltige Bildwelten, die Paul W. S. Anderson, der Autor und Regisseur dieses 3-D-Spektakels von der Leinwand herab auf uns los lässt, Horden von Monstern, die erst noch ganz menschlich aussehen, dann Monster, die mehr King-Kong-ähnlich sind, Riesenwesen und schließlich Monster, die wie Menschen aussehen mit der kleinen Differenz, dass der Mund sich plötzlich zu einem orchideenhaft schönen Schlund wie bei einer fleischfressenden Pflanze ausweitet und gierig nach seinem Gegenüber schnappt.

Es sind aber auch Bildwelten, die für die künstliche Intelligenz stehen, ein immer akuter werdendes Problem unserer Zeit, wenn man nur schon an die Selbstaktivität einer Suchmaschine denkt, oder an ihr Gedächtnis, wie sie auf das Verhalten des Users reagiert oder auch der Mailroboter, der die am häufigsten benutzten Adressen zuoberst erscheinen lässt. Oder schlimmer noch, automatisierte Netzwerke, die mir verhasste Menschen als Kontakt vorschlagen wollen.

Anderson interessiert das große Game der Intelligenzen. Wie die künstliche Intelligenz versucht, den Menschen zum Gefangenen zu machen. Und wie es ihr noch nicht ganz gelingt. Das wäre aber eine andere Baustelle, die realistische Evaluierung, wie weit der Mensch schon abhängig ist.

Anderson interessiert der große Plan, die große Macht von Experiment und Gewalt und Überwachung und wie ein kleines Menschlein, sich darin windet und wehrt. Zum Glück hat Alice auch ein paar besondere Eigenschaften, die schon nah an die einer Kampfmaschine heranreichen. Und ganz allein ist sie auch nicht angesichts des Monstrums an künstlicher Intelligenz, dem sie sich gegenüber sieht.

Sie findet unterwegs noch eine Partnerin und das kleine Klonkind. Und ganz ohne Männer ist die Anderson-Welt auch nicht. Ein paar verwegene Typen machen sich aus der realen Welt auf ins eisige nördliche Russland und versuchen von außen in die unterirdische Menschen- und Intelligenzlaborcity einzudringen, sie zu knacken und Alice zu befreien.

Das ist vielleicht das, was mich an diesem Film durchaus berührt und beschäftigt hat, wie Andersons Fantasiewelt eine ist, die nicht nur schön und geschmackvoll wirkt, sondern die durchaus ein Thema unserer Welt beschreibt, der Mensch, der einer zunehmend selbständig sich gebärdenden Technik-, Internet- und Roboterwelt sich konfrontiert sieht, einer Technik, die durchaus droht außer Rand und Band zu geraten, sich zu verselbständigen.

Andererseits wäre das große Plus gegen diese ganze künstliche Welt ein Satz, der mir aus der Dokumentation von Alexander Kluge und Basil Gelpke zum Thema künstlicher Menschen „Mensch 2.0, die Evolution in unserer Hand“ (der nächste Woche ins Kino kommt und jetzt schon beim Festival „überall dabei“ gezeigt wird) noch in Erinnerung ist, ein Wissenschaftler meinte dort: dass ein Roboter eine kreative Idee gehabt habe, das habe er noch nicht erlebt. Hier war es Paul W.S. Anderson, der die kreativen Ideen gehabt hat – auch wenn es schon die 5. Folge der Reihe ist. Tut der Sache keinen Abbruch. Meine ich.

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