Gregs Tagebuch – Ich war’s nicht!

Bei aller pubertär bedingten Einsamkeit scheint Greg diesmal wunderbar aufgehoben in seiner Familie und in den Sommerferien-Freizeitaktivitäten, scheint etwas mehr auf die Welt gekommen zu sein als im letzten Film, wo er doch öfter Zwiesprache mit seinem Tagebuch hielt.

Er schlägt so gar nicht nach dem Vater Steve Zahn, der den an seinem Sohn verzweifelnden Frank Heffley mit komödiantisch aufgerissenen Augen spielt.

Es sind Sommerferien. Greg hat noch einen ganz kleinen Bruder, der schon am Anfang von Film und Ferien eine pinzettengenaue Stimmungsszene ermöglicht, wie die Familie ins Schwimmbad will und der Kleine ausreisst und Greg ihn in den Umziehkabinen und den Duschräumen sucht; die sind nun vollgefüllt mit nackten Männern, einer unästhetischer und haariger als der andere – ist es das, wohin Greg gerade dabei ist, sich zu entwickeln, zu so einem Mann?

Der größere Bruder Roderick, der ist schon im dem Alter, wo die Jungs gerne von einer Band träumen; die seinige heißt Löded Dipers. Die Mutter ist mehr praktisch veranlagt, eine ganz unkomplizierte Frau. Greg würde in den Ferien am liebsten den ganzen Tag nur Videogames spielen. Das gelingt am ersten Ferientag auch. Kurz bevor der Vater von der Arbeit nach Hause zurückkehrt, springt Greg schnell in den Garten, stellt sich unter den Rasensprinkler, schnappt sich einen Football und betritt zeitgleich mit dem Vater das Haus, als hätte er sich gerade sportlich ertüchtigt. Der Schwindel fliegt schnell auf.

Deswegen soll der Sohn ein Praktikum in Vaters Büro absolvieren. Er soll. Aber da ist noch Holly, die Flamme von Greg, die am Ende des Schuljahres schon dabei war, ihre Telefonnummer aufzuschreiben, dummerweise aber dabei abrupt unterbrochen wurde. Sie unterrichtet Tennis für kleinere Mädchen in einem vornehmen Country Club. Greg kann dort mit seinem kugelrunden Schul-Freund sich reinschleichen.

Um das Praktikum beim Papa abzuwenden, erzählt er also zuhause, er habe im Club einen Job. Den älteren Bruder schmuggelt er über die Hintertür in den Club. Das sind alles plausible, lebensnahe Geschichten, die der Story Glaubwürdigkeit verleihen.

Wenn man den Vorgängerfilm gesehen hat, so sind einem die Figuren noch bestens vertraut, familiär.

Im Tennisclub ergibt sich unter anderem, weil er ja Holly imponieren möchte, die sich auf einer Liege am Pool sonnt, folgende ziemlich peinliche Situation, aber nichts scheint an den Haaren herbeigezogen, alles ergibt sich recht zwingend durch das Handlungsmuster von Greg und den Umständen. So möchte er also mit einem Sprung vom hohen Sprungbrett auf sich aufmerksam machen. So etwas er noch nie gemacht. Und es ist garantiert nicht sein Metier (so wenig wie Tennis, mit welchem er und sein Freund sich gleich beim ersten Double mit Holly und einer Freundin blamieren).

Aber er hat eben einen imposanten Springer beobachtet. So steigt er also aufs Sprungbrett, eher mutlos. Wie er oben ist, steht hinter ihm plötzlich ein kleines, alles durchschauendes Mädchen, fordert ihn auf, zu springen und sagt ihm auch, dass er Angst habe. Worauf er springt. Aber die Hose bleibt am Brett hängen. Peinliche Situation. So muss er also im Pool sich quasi bedeckt halten. Und die altkluge Göre schmeißt die Hose zu allem Unglück auf eine hohe Betonsäule. So muss Greg im Wasser ausharren, bis der Bademeister Badeschluss verkündet. Pech für den älteren Bruder, der die ganze Zeit beim Zaun in einer Mülltonne ausgeharrt hat, in der Hoffnung, der Kleinere würde ihm die Hintertür öffnen.

Die Moral von der Geschichte ist auch wunderbar und explizit, wer keinen Fehler macht, der ist kein Mann. Und von vergnüglichen Fehlern und Pannen gibt es in diesem Film jede Menge zu beobachten, nie bösartig gezeigt, aber so, wie das Leben und seine widersprüchlichen Ansprüche sie hervorbringen, sei es beim Pfadfinderlager, in das der Vater die widerwilligen Buben mitschleppt, sei es auf dem Rummel, zu dem die Eltern des pummeligen Freundes Greg mitnehmen.

Geradezu genial ist das, was Vater und Sohn verbindet. Es ist die abgrundtiefe Abneigung gegen die tägliche Comiczeichnung von Cuti im Lokalblatt. Erlösung für die beiden, wie es heißt, Cuti höre auf. Dumm nur, dass er einen ebenso „begabten“ Sohn hat.

Eine Horrorvision ist die SPAG-Union, die aus Schlingeln durch Drill richtige Männer machen will. Ein Beispiel dafür, was den Vater für die Idee erwärmt, ist die Begegnung mit einem Sanitäter (oder Aufsichtsperson?) indischer Provenienz im Schwimmbad, der den Vater freundlich und formvollendet anspricht. Der Vater erinnert sich mit Grausen, wie derselbe Bursche noch vor einem Jahr ihn mit Dreck beworfen habe. Die SPAG-Union hat aus ihm einen neuen Menschen gemacht – glaubt der Vater.

Zum Glück sehen die Filmemacher – das Buch stammt von Gabe Sachs und Maya Forbes, die Regie führte David Bowers – das skeptisch, sie lassen den indischen Musterknaben diese Erfahrung machen und würden nicht unbedingt ein Lanze für diese Methode ins Feuer werfen. Sie beobachten viel genüsslicher einen jungen Menschen, Greg, und nicht nur ihn, wie er seinen Weg sucht, wie er versucht mit List und auch mal Lügen und Erfindungen, seinen Weg zu finden, das zu tun, was ihm am Herzen liegt, und das ist nun mal Holly und nicht irgend ein Drill oder es sind die Video-Spiele.

Eine weitere Szene, die den Zustand von Greg wunderbar beleuchtet, wenn er mit seinem kugeligen Freund und dessen Familie den Ausflug macht und sie spielen ein Glücksradspiel, wens trifft, der muss seinem Gegenüber sagen, I love you und eine Begründung abgeben. Es trifft Greg, der dem Vater seines Freundes diese Liebeserklärung liefern soll. Greg ist vom Schnauzer fasziniert und verstottert sich dabei total.

Schließlich organisiert Greg seinem Bruder noch einen Auftritt mit seiner Band im Club, der naturgemäss und aus Liebesgründen in einer herrlichen Katastrophe endet. Es ist eben nicht alles plan- und beherrschbar im Leben.

Der Film ist im Gegensatz zu vielen amerikanischen Industrieprodukten sehr individuell, die Charaktere sind es, die „Einfälle“ sind es; sie kommen eben nicht aus einer abstrakten Bemühung, was man aus der Industrie-Trickkiste noch alles in den Film reinstopfen könne.

Im Original heißt diese Folge vom Diary of a Wimpy Kid: Dog Days. Denn ein Hund wird vom Vater auch in die Familie gebracht, der hat aber sein Potential mit einem allerdings auch urkomischen Auftritt schnell erschöpft. Holly und der Tennisclub sind doch ergiebiger. Da geht es ja auch um die Liebe.

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