Wie ein Zaungast, zwar kein unerwünschter, bei einen Requiem komme ich mir vor, Requiem für Denis, 1970 – 2011, den bekanntesten Rollerskater der DDR, der bei einem Bundeswehreinsatz in Afghanistan ums Leben gekommen ist; wenn die schwarz-weiß-animierte Darstellung am Ende des Filmes der biographischen Wahrheit entspricht, dann scheint er im Gefecht einfach stehen geblieben zu sein, bis eine Kugel ihn erwischt hat. Insofern auch ein Film über den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan, wenn in dieser Hinsicht auch ein sehr peripherer.
Denis war in der DDR von einem sportfanatischen Vater erzogen worden und sollte zu einem Vorzeigesportler herangezüchtet werden; es habe kräftige Auseinandersetzung zwischen den beiden gegeben. Er sollte Leistungsschwimmer werden. Da kamen ihm die Skater gerade recht. Einer seiner Jugendfreunde von damals ist der Regisseur dieses Filmes, Marten Persiel, der mit Ira Wedel auch das Buch geschrieben und auf Recherchen von Dirk Reiher zurückgegriffen hat.
Zum Beispiel Ausschnitte aus einer Daily-Soap des tschechischen Fernsehens, die in der DDR geschaut werden konnte, wo zum ersten Mal eine Art Skateboard zu sehen war. Dann ging es ans Selber-Basteln.
Das Skaten war Ausdruck der Freiheit, Gegenveranstaltung gegen die Maximen des DDR-Staates, wo alles dem Staatszweck und – ziel zu dienen hatte, was letztlich jede Freiheit ausschloss.
Später, wie es schon internationale Skater-Wettbewerbe gab, hat das DDR-Sportfunktionärstum versucht, diesen Sport unter seine Fittiche zu nehmen, ihn dem Staatsziel unterzuordnen und damit dem Skaten die Freiheit auszutreiben. Da konnte Denis auch mal handgreiflich werden, wenn spionierende Funktionäre fotografierten, nachher sass er zu Hause auf dem Fenstersims, aber statt zu springen wurde er verhaftet und erlebte so den Mauerfall im Gefängnis.
Grenzsituationen und radikale Entschlüsse sind prägend für Denis. So wie er dort auf dem Fenstersims sass, so hat er das Leistungsschwimmen, so sei jedenfalls seine Erzählung gewesen, mitten in einem Wettbewerb aufgehört. Und so fängt schon seine erste Geschichte an, wie er bei Hausarrest, auch nach seiner eigenen Erzählung, einfach aus dem Fenster in eine Baumkrone gesprungen sei. Und ebenso bei dem Schwimmwettbewerb: er sei einfach nicht weitergeschwommen, die Konkurrenten mussten um ihn herumkurven. Völlig unerklärlich ist den Freunden von damals, die seinen Tod zum Anlass genommen haben, sich wieder zu treffen, Erinnerungen auszutauschen, was Denis getrieben haben mochte, bei der Bundeswehr anzuheuern und sich für den Kampfeinsatz in Afghanistan zu melden. Um dann offenbar mitten im Gefecht einfach stehen zu bleiben.
Diesem Biopic-Requiem vorangestellt wird ein Satz über traurige Menschen, die anhänglich sind, weil sie wissen, dass alles eines Tages verloren geht.
Der Film von Martin Persiel ist zutiefst persönlich, auch wegen der vielen Super-8-Aufnahmen, die er in seiner Jugend selber gemacht hat, sogar vom Skateboard aus; er kam offenbar aus einer privilegierten Familie, sein Vater konnte immer, was in der DDR an sich Mangelware war, Filmmaterial beschaffen.
Der Film wird begleitet von einem suggestiven Sound – hat aber auch den Charme und verbreitet die Sympathie eines Liebhaberfilmes. Der Autor ist selber betroffen vom Thema, es ist auch Aufarbeitung seiner eigenen Jugend in der DDR. Insofern also auch ein Film über eine Jugend in der DDR, die sich sehr wohl mit dem Skaten, eine Gegenwelt zur staatlichen Regelungs- und Zielerreichwelt zu bauen wusste. Wobei die DDR-Architektur ihr übriges tat, um Skaten attraktiv zu machen, mit dem vielen Beton, was allerdings, da Stürze normal waren, auch zu Hautabschürfungen führte, was wiederum Denis‘ Vater erzürnte, denn sein Jüngelchen sollte bei den Leistungswettbewerben gut aussehen und nicht verletzt.
Das Idol Patrick mit dem enormen Schnurri (dem Schnurrbart), der wie ein Amerikaner aussah, aber in Ostberlin lebte, über riesige Plätze im Handstand skatete, zuhause immer nackt war und nackte Frauen um sich hatte, auch davon gibt’s Aufnahmen. Das aber war dann schon Berlin.
Die Denis-Panik-Geschichte hat ihren Anfang im Provinzstädtchen genommen. Skaten auch gegen die Ödnis der Provinz verstanden, wir mussten was tun, sonst wäre es langweilig gewesen, wir wollten auffällig sein, und wir waren es auch.
Denis Panik, der immer diese unsichtbare Grenze überschritten hat.
Da die Mutter eines Kumpels Sängerin war und auch ins westliche Ausland reisen durfte, setzte diese sich in die Schweiz ab. So blieb dem Sohn eine Wohnung, in der er mit seinen Freunden das freieste Leben führen durfte.
Fast wie ein Film für die Reihe „Deutschland privat“ über einen faszinierenden, rätselhaften Menschen und mit dem Hauptaugenmerk auf dem Rollerskating
Yay, den Film bekommt man jetzt auch im Netz… hier der Link: https://itunes.apple.com/de/movie/this-aint-california/id641904649