Für die Rolle des Roboter-Menschen David war es eigentlich zu schade, Michael Fassbender zu besetzen, der hat mehr drauf – ausdruckslose markante Männergesichter dürften sich auch in billigeren Kategorien zur Genüge finden. Aber bei Ridley Scott, der hier ein Buch von John Spaihts und Damon Lindelof inszeniert, da muss geklotzt werden, fast möchte man vermuten, geklotzt, bildgeklotzt um des Bilderhinklotzens willen, egal welche Story ihm gerade über den Weg läuft.
Hier zeigt der Titel auf Prometheus, den griechischen Gott, der den Menschen das Feuer und die Kultur gebracht hat – aber hier kommen dunkle Zeichen hinzu und ein Expedition befindet sich gegen Ende des 21. Jahrhunderts auf einem fernen Planeten auf einer wissenschaftlichen Mission, die vorgeblich auf der Suche nach dem Ursprung des Lebens ist, es geht, so wird behauptet, um die Creation of Life, wobei mir der Verdacht dräut, Ridley Sott ginge es eher um die Creation of Pictures, um die Schaffung von Bildern.
Alles ist bei ihm Bild, der ganze Raum wird zum Bilderraum, 3 D und Holographie paaren sich zu wilden Bilderergüssen, die Bilder können sich auch in andere Zeiten verirren, in der Einwelt trifft sich die Allwelt, im Heute trifft sich die ganze Zeit, im Hier und Heute ist alles enthalten, irren die Bilder durcheinander, treten über Bildschirme, die überall im Raum oft ohne physischen Rahmen anzutreffen sind, miteinander in Kontakt.
Holographische Erinnerungen treten als Bilder in der eh schon übersättigten Scottschen Bildwelt auf. Geschichte interessiert Scott wenig, die Charaktere interessieren Scott wenig, oft haben die Menschen eine Art durchsichtigen Hohlkörper um den Kopf, das entpersönlicht die Figuren noch mehr; sie bewegen sich in Landschaften die teils sehr düster sind, die an neoklassizistische Katafalklandschaften erinnern, Vasen- oder Urnenlandschaften, aus welchen mythologischen Archiven Scott oder seine Bühnenbildner oder Computeranimatoren die auch immer herhaben mögen.
Und der Satz, dass große Dinge ihren Ursprung in kleinen Dingen haben. Das nimmt man dem Scott aber gar nicht so richtig ab, er erweckt den Eindruck, think big, bildnerisch gesehen, geboren zu sein. Wenn er nämlich klein anfangen würde, dann wäre vielleicht ein nachvollziehbarer Geschichtsansatz da. Dieser Bilderwust scheint aber auch so was zu sein, wie ein filmischer Versuch, Transzendenz zu schaffen, durch die Dinge oder vielleicht das Ding schlechthin, hindurchzuschauen.
Mitten in diesen Versuchen flachsen Maschinistentypen wie bei schauspielerischen Lockerungsübungen in Raumschiffräumen. Ein bisschen Naturalismus muss als Zugabe in den Bildwirbeln, die sich bei Scott nur allzu gerne verselbständigen, doch sein, sonst würde wohl der freakigste unter seinem – ja welches ist es denn? – Zielpublikum bald schon aussteigen.
Spät ergibt sich ein Handlungsfaden, ein ganz klitzekleiner, der mein Interesse geweckt hat, wie Dr. Elizabeth Shaw schon wenige Stunden nach einem Sexualkontakt im dritten Monat schwanger ist. Da ist man plötzlich ganz bei Noomi Rapace, den Gefühlen und Verzweiflungen, die sie spielt, ein Frauenwesen in einer abstrakten Bildwelt, die unbedingt eine Abtreibung vornehmen will, sich den Fremdkörper selbst herausoperieren will, wenn das mal keine Referenz an die moderne Medizin ist, wie sie allein in den OP geht, der voll automatisiert ist; schmerzgebeugt, sich kaum bewegen könnend, wie sie sich auf das Pendant zu einem OP-Tisch legt, eine Art Hülle ist das, wie bei einem Jahrmarktfahrgestell, das Raumfahrt simuliert, und wie sie Roboterarme und -instrumente auf ihren Bauch zu bewegt, die Linie markiert, entlang der aufgeschnitten werden muss, wie die Greifer sich senken und was sie dann rausziehen – irgendwie schwingt als Assoziation doch ganz fern der Adler Ethon mit, der Prometheus aus der Leber frass. Noomi Rapace wird für den Rest des Filmes meine Reiseführerin. Sie ist im Scottschen Bilderuniversum offensichtlich so fremd, wie ich in ihm, und so solidarisiere ich meine Empfindungen mit ihr.
Vielleicht interessiert Scott ja auch ganz was anderes: die totale Freiheit, die er als Kinogott und -macher über die Bilder zu haben glaubt. Im Bilderwust ist immer mal eine humane Silhouette zu erkennen.