Abrir Puertas y Ventanas (Filmfest München)

Türen und Fenster aufmachen, das könnte der Titel dieses Filmes auf Deutsch sein, lasst Luft herein, man könnte aber den Film auch „Hinter Gittern“ taufen, nicht zu verwechseln mit irgend einer Fernsehserie, „hinter dem vergitterten Tor“, das während des ganze Vorspannes, und da werden viele Menschen erwähnt, unbeweglich und verschlossen vor uns zu sehen ist, dass man ganz skeptisch werden möchte, wenn das so weiter geht, da tut sich ja gar nichts auf dem Bild.

Was sich hinter diesen Gittern in den nächsten 98 Minuten abspielen wird, das ist dann doch einiges, denn gleich mit dem ersten Menschen, der hier reingeht, wird auch der Zuschauer reingelassen in eine Anlage, die aus mehr als einem Haus besteht, die sich offenbar gut gegen die Außenwelt abschirmt, und deren eines Haus die Bühne für diesen Film von Milagros Mumenthaler wird.

Hier sind drei wunderschöne junge Frauen, die nichts weiter tun, als in der Villa, wie man das Haus wohl nennen kann, altmodisch eingerichtet, die Neuzeit hat wenig Einzug gehalten, also die drei jungen Frauen tun nichts anderes, als junge Frauen zu sein, schön zu sein, rumzuhängen, meist sind sie leicht und sehr erotisch gekleidet. Sie in ihrem So-Frau-Sein zu betrachten ist ist ein legitimes Kinovergnügen. Es vibriert die Luft.

Aber es sind hier keine Männer. Und es schneien hier auch nicht leich welche rein. Somit dürfte es kaum jemanden geben zur Erfüllung des offensichtlich einzige Daseinszweckes diese erwartungsvollen Wesen. Es gibt zwar einen, aber den bezeichnen sie als einen vertrockneten Bücherwurm.

Die Frauen heißen Marina, Sofia und Violet. Ein paar Dinge sind über sie nach und nach in Erfahrung zu bringen, allerdings nicht ganz, was sie in diesem Haus zusammenhält. Offenbar sind die Eltern gestorben und die dominante Oma, die scheint über allem zu regieren, obwohl sie schon zwei Jahre tot ist. Aber sie war sehr bekannt. Noch immer gibt es Anrufe zum Beispiel von Promovierenden, ob sie sie darin unterstützen würde.

Vielleicht ist es die unsichtbare Oma, die einen Auftritt allerdings haben wird, die die jungen Frauen ein Stück weit lähmt. Aber vielleicht ist es etwas anderes. Es ist ja nicht so, dass sie ihren Compound nicht verlassen würden. Sie gehen ins College. Sie gehen einkaufen. Aber irgendwie wird die Erwartung, die sie in ihrem solidarischen So- und Dasein, wie Mumenthaler das wunderbar erotisch präsentiert, nicht erfüllt. Sie werden lediglich älter.

Daraus entsteht die erstaunliche Wendung in diesem Film, die diesen Jugend-Erwartungshauch verwehen wird und auch die Solidarität der Enkelinnen untereinander in Frage stellt. Das fängt mit der misstrauischen Frage an, ob Marina überhaupt eine leibliche Schwester sei, denn man finde nichts in den Akten, die die Eltern in der Garage zurückgelassen haben, und die sie wie ein Geheimnis hütet, wie andere Dinge auch.

Sofia bricht aus aus der teils verspielten 3-er-Gruppe aus, indem sie sich mit dem Nachbarn Francisco einlässt. Und Violeta verreist sogar, flieht aus dem Gefängnis, das wohl eher ein psychisches Gefängnis durch die Vorfahren ist, ein möbliertes psychisches Gefängnis. Da erst fangen die beiden andren an mit ausräumen, schwere Sofas vors Haus oder in eine anderes Zimmer bugsieren. Sich selbst einzurichten.

Das liest sich hier vielleicht etwas banal. Kommt aber durch die Inszenierung überhaupt nicht banal rüber. Oder die Frage, kann eine – selbst eine verstorbene – Elterngeneration mit ihrer Hinterlassenschaft auf den Nachwuchs dermassen als Gefängnis wirken? So dass er allenfalls gelähmt in diesem Haus rumhängt, sich nichts zu verändern traut, sei es, dass die Mädchen nachdenklich nebeneinander auf einem Sofa sitzen oder die eine versonnen das altmodische Korsett der Oma anprobiert, eine in der Hängematte schaukelt und träumt oder die eine der anderen liebevoll eine Gesichtsmaske aufsetzt.

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