Was willst du in die Ferne schweifen, denn das Böse liegt so nah, könnte man in Abwandlung eines geflügelten Wortes über das übersehene Glück hier über das Perfide, was unbekannterweise unterm eigenen Bett liegt, sagen.
Es ist César, gespielt von Luis Tosar, der intellektuellenköpfigen Pförtner eines vornehmen spanischen Wohn- und Geschäftshauses. Im Bett liegt Clara, gespielt von Marta Etura. Sie lebt allein, ist aber immer strahlend und ihr ist die gute Laune nie zu nehmen.
César ist auch allein, hat eine pflegebedürftige Mutter, die kein Wort mehr sagen kann, sie ist sein Beichtobjekt, und er ist todunglücklich, weil es in seinem Leben nicht klappt, weil das Glück in seinem Leben nicht klappt. Er ist sozusagen unglücklich verliebt in Clara. Sie sieht in ihm aber nur den Pförtner, der er ja auch ist.
So startet denn die Perfidie in ihm durch, die insofern perfide ist, als eben keiner davon weiss. So textet er sie mit sms zu, schreibt ihr seitenlange Briefe, anonym und fragt dann scheinheilig nach den Briefen. Nachts schleicht er sich, soviel darf hier sicher verraten werden, unter ihr Bett, denn als Pförtner hat er die Schlüssel zu den Wohnungen, und wenn er sicher ist, dass sie schläft, dann betäubt er sie. Sie weiß von all dem nichts, das ist wie gesagt die Perfidie. So perfide, wie der Neonazi-Terror, der im letzten Jahr in Deutschland aufgeflogen ist, und den keiner vermutet hat.
So viel zum Thema, was durchaus ein Thema ist, oft liegt die Perfidie nahe und man vermutet sie nicht einmal, siehe Mobbing, siehe Denunziationen der heimtückischsten Art. Aber Jaume Balaguéro, der Regisseur, von dem mir der Horro-Streifen „Rec“ noch in bester Erinnerung ist und Alberto Marini, der Drehbuchautor, tendieren in eine andere Richtung. Als Referenz dafür darf eine Szene erwähnt werden, in der zufälligerweise ein Buch mit „Ingmar Bergman Oeuvres“ gut erkennbar da liegt, also vom Meister des Psycho-Clinches von Paaren. Aber davon distanzieren sich Marini/Balaguér durch die Machart dieses Filmes, der im Original übrigens heißt „Mentras duermes“, was wenn mein Spanisch mich nicht im Stich lässt, heißt, während Du schläfst; der Psychoclinch läuft höchstens innerhalb von César ab, wie er immer noch perfidere Aktionen ersinnt, um endlich das Lachen aus dem Gesicht der ewig fröhlichen Klara zum Erlöschen zu bringen.
Eine reine Mechanik des Bösen, die sich verselbständigt und der wir hier zuschauen dürfen, denn eine Paarauseinandersetzung findet nicht statt, da die eine Hälfte der Beziehung gar nichts weiß davon, insofern ist der Hinweis auf Bergman leicht daneben, falls er denn programmatisch sein soll und nicht nur zur Charakterisierung von Clara dient, was aber auch nicht recht plausibel wäre, sie hat ja keine Probleme, gibt sie mindestens vor, denn sie scheint immer zufrieden und glücklich. Und wie sie eines Tages sogar einen Freund hat, einen geradlinigen männlichen Mann, da wird es allerdings eng für César.
Die Entwicklung im Film geht ab da schnurstracks auf Crime und Horror zu, fern jeglicher Psychologie. Die Vorstellung der Figur, die ist noch psychologisch passiert oder kann so gesehen werden, über einen Schreckenstraum wird uns erklärt, was für ein unglücklicher Mensch César doch ist.
Erzählweise und Konstruktion der Story sind kühl gerechnet und mit Spaß inszeniert, auch das wenige Personal um die beiden Protagonisten herum, der misstrauische Hausbesitzer, der César loswerden will, nicht wegen Perfidie, das ist die Ironie der Sache, sondern wegen Unzuverlässigkeit, die alleinstehende Frau mit den zwei Hunden, der er später ihre ganze Einsamkeit brutal auf den Kopf zu sagen wird (das könnte ein Hau Bergman sein; seelische Vivisektion), das halbwüchsige Mädchen, was sehr vieles beobachtet, die ausländische Putzfrau mit ihrem helfenden Sohn, welche César denunziert, seine Mutter, die am Sauerstoffgerät hängt, die unaufdringlichen Kriminaler.
Zum Abschluss legt Balaguéro den Song „Keep me in mind“ drüber was zweischneidig das Ende offen lässt.