3 Zimmer / Küche / Bad (Filmfest München)

Hier versucht eine filmkarrieremässig erfolgreiche deutsche Jungend sich selber darzustellen. Die Jeunesse dorée des deutschen Filmes (zumindest ein Teil von ihr) formuliert ihren eigenen Sturm und Drang als Zimmer-wechsle-Dich-Spiel. Und es sind durchaus Gesichter, an die man sich gewöhnen könnte dabei.

In früheren Zeiten hätte vielleicht Dietrich Brüggemann, der mit seiner Schwester Annn das Drehbuch geschrieben hat, statt einen solchen Beziehungen-zwischen-Umzugskarton-Kisten-Film zu inszenieren ein ernsthaftes Sturm-und-Drang-Drama nach streng reglementierten Versfüssen und mit feinster Handschrift geschrieben.

Heute ist man lockerer drauf und zelebriert die Lockerheit förmlich. Das größte Kompliment gehört in diesem Film allerdings, die wird ja sonst kaum je erwähnt, der Ausstattung, der Requisitenabteilung. Was die alles an Möbeln, Kochtöpfen, Kassetten, Wandschmuck, Umzugskartons, nebst Schwimmschlappen und einer Top-Loader-Waschmaschine aufgefahren hat, da würde ein großer Flohmarkt nicht reichen, das alles an- und aufzubieten.

Es galt Wohnungen überall in der Republik, in Hannover, Freiburg, Stuttgart zu organisieren, Ein- und Auszüge zu inszeniren, Beziehungsclinch zu fabrizieren, die Übergangszeit vom von Zuhause ausgezogenen Single als WG-Mensch zur Zeit wo man das eigene Nestchen baut zu überbrücken. Das scheint heutzutage nebst vieler Handykommunikation oder auch mal Skype auch vieler Umzugsaktivitäten zu bedürfen, so häufig, dass kaum je eine Wohnung richtig eingerichtet werden kann, denn schon werden wieder neue Nach- und Mitmieter gesucht oder neue Wohnungen für neue WGs.

Diese Jeunesse dorée, der es sichtlich gut geht, ist gut mit sich selber beschäftigt, berichtet aber immerhin recht locker von ihrem Alltag, stellt sich selber dar, so wie sie glauben dass sie wirklich drauf seien, hat letztlich aber bewältigbare Probleme, hat einen Bewältigungsmodus gefunden, scheinbar und vorerst leichter als die Elterngeneration, da bricht eher das Drama aus.

Es ist müssig, die einzelnen Geschichten nachzuerzählen, schon weil es bei der Vielzahl eine fast wissenschaftliche Arbeit wäre, die Geschichtsfäden auseinanderzudröseln, welches Männchen zu welchem Zeitpunkt welchem Weibchen zuzuordnen wäre. Das Publikum wird wenn überhaupt eher in diesen Film gehen, weil ihm der eine oder andere, die eine oder andere der Darsteller besonders gefällt.

Der Film wählt als Grundstruktur den unverbindlichen Erzählrahmen der Jahreszeiten eines Jahres, beginnend im Herbst und jeweils knapp dreissig Minuten dauernd, damit jegliche inhaltlich oder konfliktspezifische Klippe elegant umschiffend.

Es gibt Momente, wo Philosophisches geboten wird, der Vergleich des Lebens mit einer rostigen Maschine, von der nicht zu verstehen ist, wie sie funktioniert und dass die Jugend sowieso alles selber ausprobieren soll, was sie ja hier mit diesem Film auch tut und auch zeigt, dass sie kaum weniger mit sich selbst beschäftigt ist als es die im Film portraitierte Elterngeneration schon war. Das Thema Lebensentwürfe schimmert durch, taucht mal jahreszeitlich auf, nie spezifisch, die rostige Maschine, die man auf dem Dachboden gefunden hat, es schimmert die Frage hindurch, ob es sich bei diesem Lebensentwurf der Jugend auch um so ein rostige Teil handle, wozu sie keinerlei Bedienungsanleitung haben und die sie halt ausprobieren müssen.

So könnte man weiter philosophieren über Kulturtechniken, wieviel erlernbar ist, oder ob in manchen Techniken jede Generation wieder ihre eigenen Erfahrungen machen muss, ihre eigenen Coming-of-Age oder Coming-zu-Potte-Geschichten und die Elterngeneration versteht es sowieso nicht, ob die Jugend wieder in die gleichen Fallen läuft, wie schon ihre Altvordern. Denn irgendwie sucht jeder Topf immer seinen Deckel und umgekehrt.

Dass es sich hier um eine generationenspezifische Suche handelt, zeigt auch die Verwendung eines Refrains oder Running Gags, der am Schluss als Song vorkommt „wir müssen nicht so machen als wir scan.“ (nur insiderisch zu verstehen, für die mit dem gleichen Problem behafteten). Geheimsprachen als schützend Verbindendes.

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