Der Titelzusatz dieser Dokumentation über den Künstler Mark Lombardi „Kunst und Konspiration“ scheint mir nicht das zu treffen, was nachher im Film zu sehen ist.
Nie ist davon die Rede, dass Lombardi sich irgendwie konspirativ verhalten würde. Er war ein hellwacher Rechercheur von Finanzbeziehungen zwischen Banken, Politik, Terrorismus. Er hat sich öffentlich zugänglicher Informationen bedient, das Internet spielte zu seiner Zeit noch kaum eine Rolle. Er hat seine Erkenntnisse zuerst eifrig auf Karteikarten gesammelt und sie dann in Form von bestechend schönen Graphiken dargestellt.
In einem Kreis steht zum Beispiel von Hand geschrieben der Name George W. Bush. Vom Kreis aus gehen verschiedene gebogene Linien zu anderen Kreisen mit anderen Firmennamen, mit Bankennamen. Es gibt verschiedene Arten und Richtungen der Linien. Je nachdem, was zwischen den Figuren am Ende passiert ist. Ob kurz vor einem Firmenzusammenbruch noch massiv Aktien abgestoßen worden sind, wie es bei Bush Junior mehr als einmal zu lesen ist.
Kurz vor dem Attentat von 9/11 hat Lombardi sich in seinem Atelier in New York erhängt. Es gibt Verschwörungstheorien. Viele zweifeln daran, dass es sich um einen freiwilligen Freitod gehandelt habe. Aber so genau geht der Film dieser Frage nicht nach. Er zitiert Galeristen, die sich wunderten, dass nach seinem Tod sich plötzlich Geheimdienste nicht nur für seine Zeichnungen, sondern auch für seine Karteikartensammlungen interessierten.
Zur Dokumentation selbst. Sie bringt diese Informationen über den Künstler. Man bekommt von ihm das Bild eines sehr wachen Mitbürgers, der die Gegenwart sehen wollte, der wahrnehmen wollte, was sich tut auf der Welt. Es gibt Archivaufnahmen von ihm, wie er seine Zeichnungen macht; er gibt einige Auskünfte.
Sonst ist es der übliche TV-gängige Interviewmix, Vater und Mutter, Geschwister, andere Künstler, Galeristen, Kunstexperten und –funktionäre geben ihre Statements ab. Da die alle unglaublich ruhig und brav sind, wird ein erschütternder Gegensatz zum hellwachen Mark Lombardi markant und der Film mutiert unfreiwillig zu einer Doku über einen netten, schläfrigen Kunstbetrieb. Wie weltfremd doch diese Galeristen, Kunstexperten, Kunstfunktionäre sich verhalten im Gegensatz zum weltneugierigen, wachen, offenen Künstler Mark Lombardi.
Mareike Wegener, die Dokumentaristin, scheint dies jedoch nicht bewusst eingesetzt zu haben, sondern eher durch eine gewisse, fast möchte ich sagen, untertänige Haltungslosigkeit dem Objekt ihrer Neugierde oder Verehrung gegenüber. Eine liebe, nette Doku fürs Nachmittagsfernsehen konzipiert und wohl nur dort zu verwenden. Im Kino dürfte die Energie nicht mal für eine Sonntagsmatinee taugen.
Die müden Kunstverwalter. Keine cineastischen „Grandes Machines“, wie das größte Bild von Lombardi von einem Experten genannt wird. Abseits vom Thema kommt die kleine Geschichte aus der UN vor, wie die das Bild „Guernica“, von Picasso eine wahrhaftige „Grande Machine“, zwengs der Irakkriegserklärung mit Stoff zugehängt haben.
Ein bescheidenes Filmlein. Über einen spannenden Künstler.