Das Gütesiegel für die Recherchequalität haben diesem Film des Österreichers Christoph Mayr unfreiwillig einige der Großen der Lichterzeugung und des Geschäftes mit dem Licht gegeben: Osram, Philips, Vito, ELC. Sie alle haben, so steht es im Abspann zu lesen, Interviewwünsche von Christoph Mayr für diese Dokumentation abgelehnt. Aus unguten Gründen, wie zu vermuten ist, weil sie wohl nicht allzu viel Licht in ihre Lichtgeschichten bringen wollen.
Osram, Philips, Vito, ELC waren offenbar auch nicht bereit, das Gegenteil seiner Behauptung zu beweisen, dass die EU-Verordnung zur Einführung von Energiesparlampen einzig das Resultat der Lobbyarbeit der Lampenindustrie und zu ihrem Nutzen und zum Nachteil des Verbrauchers sei.
Nicht nur, dass das mit Demokratie nichts mehr zu tun hat, sondern diese EU-Verordnung zu Einführung von Energiesparlampen gefährde auch noch die Gesundheit der betroffenen EU-Mitbürger. Denn in den verordneten Energiesparlampen ist hochgiftiges Quecksilber drin. Was nicht nur ein Entsorgungsproblem darstellt. Es stellt ein ernstes Gesundheitsproblem dar, besonders wenn eine der Lampen zerbricht, während sie brennt.
Ein solcher Unfall mit einer von der EU verordneten Energiesparlampen ist für Christoph Mayr der emotionalen Ankerpunkt für den Zuschauer. Mayr fährt ins bayerische Land zum Buben Max, dem alle Haare und die Augenbrauen und Wimpern ausgefallen sind, nachdem eine brennende Energiesparlampe zu Brüche gegangen ist, so was kann nun wirklich jedermann und überall passieren, und der Bub muss Quecksilber inhaliert haben. Wie die Folgen des Unfalles offenbar wurden, hat die Familie eine Ersatzwohnung gesucht.
Die Frage, die Mayr in Brüssel stellt, ob das der Sinn dieser neuen Verordnung sei, die Familie zu gefährden, um die Erde zu retten. Gegen einen solchen Unfall gibt es tatsächlich ein Sanitätskästchen, das alle Utensilien zur Bekämpfung eines Quecksilberaustritts enthält. Es kostet 130 Euro und einige Teile sind zum einmaligen Gebrauch bestimmt. Es erinnert an Atom-Dekontamination.
Andererseits hantieren in Indien in Kleinbetrieben Angestellte mit zerbrochenen Energiesparlampen und recyceln sie ohne besondere Schutzvorrichtung und ihnen scheint nichts zu passieren. Ist also der Fall von Maxi übertrieben? Ein Spezialist aus Konstanz, der lässt, und das muss er sicher aus Gründen der wissenschaftlichen Seriosität, durchaus offen, ob es andere Einflüsse gebe und ob bei Maxi eventuell eine bestimmte Veranlagung für den Haarausfall verantwortlich sei. Es ist aber nicht nur der Haarausfall, zusehends kriegt er auch Zitteranfälle, so dass er beispielsweise den Frühstückskakao verschüttet.
Bei Günter Oettinger, dem zuständigen EU-Kommissar, wird Mayr mit der faulen Ausrede abgefertigt, die Verordnung habe sein Vorgänger zu verantworten.
Eine besonders aparte Reaktion auf diese EU-Verordnung hat Rudolf Hannot, der Erfinder des Heatball. Der lässt in China die hier inzwischen verbotenen Glühbirnen herstellen und deklariert sie als Heizkörper. Was sie ja auch sind. Allerdings hat die EU eine Sendung dieser „Heizkörper“ an der Grenze beschlagnahmen lassen. Wegen der von der Lampenindustrie betriebenen höchst fragwürdigen, garantiert nicht bis zur Entsorgung des Quecksilber durchdachten Energiesparlampenverordnung.
Hannot sieht die Produktion seiner Heatballs als Nonprofit-Kunstprojekt. Vielleicht sollte ihm ein Museum zur Hand gehen und diese Heatballs (mit anschließendem Abverkauf) ausstellen; vielleicht gibt’s dafür eine Einfuhrgenehmigung. Hannot ist hartnäckig und gibt sich nicht so schnell geschlagen.
Zum Film ist vom Kinostandpunkt aus zu sagen, schade, schade, dass er zwar in einem Irrsinns-Tempo mit häufig auch schnellen Fahrten zwischen den Rechercheorten ein Riesenpensum an Interviewpartnern und Positionen und Erkenntnissen und Informationen reinpackt in die 90 Minuten; dass aber wenig dafür getan wurde, den Film als eine im Kino spannende Geschichte zu entwerfen. Dafür wäre vermutlich ein nachdrücklicherer Focus auf eine Sache, sei es die Lobby in Brüssel oder alles um den Maxi in Bayern als Kern für eine möglicherweise auch kinostarke Geschichte, die dann umso massenwirksamer werden könnte, sinnvoll gewesen.
Aber auch so, ein wichtiger Film, wie denn überhaupt das Genre des recherchierenden umwelt- und antibürokratieengagierten Dokumentarfilmes, der sich die Machenschaften großer Konzerne vornimmt, die bis in die Politik hinein ihren eigennützigen Einfluss geltend machen und sich unter Inkaufnahme brutalster Opfer wie eine Krake ausbreiten, immer wichtiger wird. Film kann vermutlich mehr Unabhängigkeit riskieren als reines Fernsehen.