Ein ruhiges Leben

Rosario betreibt seit 15 Jahren in der Nähe von Wiesbaden mit seiner Frau ein italienisches Restaurant. Sie haben einen neunjährigen Buben. Sie führen, wie der Titel sagt: ein ruhiges Leben. Für Rosario ist das allerdings das Leben nach seinem Leben, ein Zusatzleben. Er hat in Italien eine ziemlich düstere Vergangenheit und viele Feinde. Er liess die Nachricht von seinem Tod verbreiten, ist untergetaucht und hat in Wiesbaden dieses ruhige Leben aufgebaut.

Wie sichs für so eine Exposition gehört, wird sein vermeintlich begrabenes Leben in seinem neuen Leben auftauchen, in den Personen von Diego und Eduardo, ersterer mit einem besonderen Bezug zu ihm. Diese haben in der Nähe einen mafiösen Auftrag zu erledigen.

Das ist alles keine Neuerfindung des Genres. Filippo Gravino, der Autor und Claudio Cupellini, der Regisseur, erzählen die Geschichte auch nicht so, als wollten sie uns unbedingt die ganz individuelle Geschichte von Rosario als einem Einzelfall und einzigartigem speziellen Individuum aufzeigen.

Claudio Cupellini tut eher so, so ist mein Eindruck, wem auch immer zu belegen, dass er unter Regieführen versteht, Stimmung zu erzeugen. Stimmung, die vermuten lässt, dass etwas in der Luft liegt. So mischt er schon in der ersten Szene Naturstimmungen, Jäger auf Wildschweinjagd, immer aquarellen aufgenommen die Natur, die Blätter, der Wald, die Borke und dann wieder Autoreifen, Stiefel, Knarren, Männerbewegungen. Eine aparte Mischung, aber noch nicht angetan, auf eine Geschichte neugierig zu machen.

Man fragt sich erst mal, worum wird es hier gehen? Also irgendwie doch ein bisschen neugierig gemacht. Die Figuren werden zwar gut geführt, sie spielen auch gut, aber es kommt mir vor, als versuchten sie alle, dem Genre zu genügen, es atmosphärisch rüberzubringen. Das erweckt über große Strecken den Eindruck eines sehr sorgfältig gemachten Fernsehspiels. Bleibt einem irgendwie fremd. Der Zuschauer bleibt distanziert. Im Grunde ist ja alles vorhersehbar. Aparte Präsentation von Vorhersehbarem.

Der Film erweckt den Eindruck, als hätte sich der Regisseur die Aufgabenstellung zu eigen gemacht: erzeugen Sie mit nicht besonders originellem, eher abgestandenem Plot, Krimiatmosphäre. Das hat er prima gelöst. Wenn ich Produzent wäre und ein gutes Buch hätte, das nach atmosphärischer Verfilmung schreit, ich würde auf jeden Fall Cupellini als einen möglichen Regisseur auf meine Liste nehmen. Die nicht besonders inspirierte Story wird sozusagen in einer Art Sterilstudio mit reiner Krimiatmosphäre angereichert , hat dadurch stellenweise etwas von einem Hochschulabschlussfilm, aus den erwähnten Gründen. Ein akademisches Konstrukt.

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