Lachsfischen im Jemen

Diesem Film sieht man förmlich an, welchen Spaß es allein schon dem Autor Simon Beaufoy gemacht haben muss, das Drehbuch nach dem Roman von Paul Torday zu schreiben. Mit einer gepfefferten britischen Administrationssatire anzufangen um schließlich über die verrückte Idee, den Lachs in Jemen einzuführen, damit der Scheich in seinem eigenen Land dem Fliegenfischen frönen kann und nicht nur vor seinem Schloss in Schottland, zu einer grandiosen Liebesgeschichte zu kommen, die überzeugend vor allem in ihrer Kleinheit ist, in ihrer Nebensächlichkeit, denn die Betroffenen kommen ja nicht wegen der Liebe, sondern wegen dem Lachs nach Jemen.

Genau so sieht man dem Film aber auch den Spaß und die heimliche Freude an, mit der Lasse Halström das inszenierte mit einem erstklassigen Ensemble, das gerade auch seine sprachlichen Trümpfe und den sparsamen Umgang mit Emotion britisch-cool ausspielt. Dass man nach fast zwei Stunden Film gerne noch weiter schauen würde, das kommt auch nicht allzu häufig vor heutzutage.

Vielleicht ist es dieses Konstrukt, was gar nicht unbedingt das einer Romantic Comedy ist, was diese hier so stark macht. Mit ansteckendem schauspielerischem Pep werden wir anfangs mitten ins Chaos von HMs (Her Majesty’s) also der Königin Presseamt in London eingeführt. Immer nur schlechte Nachrichten aus Afghanistan, Tote Briten, Explosionen.

Das Presseamt ist händeringend auf der Suche nach einer positiven Nachricht. Den ganzen Druck, der auf so einem Amt liegt, spielt Kristin Scott Thomas als Bridget Maxwell in einem brillianten Language-Bashing, sie haut ihre Texte weg, wie ein Meister der mechanischen Schreibmaschine früher seine Texte hochkonzentriert in die Tasten zu hauen pflegte. Hier ist allein die Performance ein Vergnügen, und die Texte, die sie spricht, die Pointen, nicht weniger. Perfekter Ausdruck der Haltung einer amtsgetriebenen Managerin. Very British. Very cool.

In dieser ersten Phase des Filmes, der Vorbereitung und Expositon auf die abenteuerlichen Dinge, die ins Haus stehen, erlaubt sich Lasse Halström einige ganz abgedroschene Boulevard-Theater-Gags, aber so gekonnt wie mit einem augenzwinkernden Fingerschnipsen serviert und dazu bestens dosiert: wie die Maxwell sich in ihr eigenes Telefonkabel einwickelt und dabei noch ihre ganzen Kids zur Schule verabschiedet, wie unser Protatgonist, Fred Jones, ein eingefrorener Bürolist und Liebhaber der Lachsfischerei, der sogar eine eigene Fliege fürs Fliegenfischen erfunden hat, die sehr berühmt geworden ist, nur kleines Detail zu Aufhellung der Trockenheit der Figur, wie der nach der Besprechung mit Maxwell, wo er davon erfährt, was ihm mit dem Lachs und dem Jemen blüht, Freunde-der-Klamotte-mässig direkt in eine Glastür hineinläuft. Aber das wars dann praktisch schon mit solchen Gags, die nur die Sophisticatedness im Umgang mit dem Metier beweist und uns abhält, gleich im Gefühl zu ersaufen.

Oder der kleine Gag, wie Even Mc Gregor, der Fred Jones spielt, in seinem Büro mit einer Übungsangel das Portrait seines Chefs an der Wand mit einem Köder zu treffen sucht. Sein Chef wiederum, auch das fetteste Klamotte, wie er im Büro sitzt, Stullen schmatz, ja das Fischereiministerium, das hat halt seine Ruhe, an dem gehen die Winde der Weltgeschichte vorbei, wenn nicht, wenn nicht die Idee des Scheichs, den Amr Waked spielt, im Jemen den Lachs anzusiedeln vom Presseamt Ihrer Majestät als die rettende Gute Nachricht entdeckt worden wäre, die endlich den Afghanistan-Krieg aus den News verdrängen soll.

Das bringt nun Wirbel wie von einem Tornado in die ruhige Fischereiabteilung, rührt an den Existenzgrundlagen des in Unzufriedenheit erstarrten und unglücklichen Fred Jones – mit der Frau, mit der er lebt und verheiratet ist, die aber ihre eigene Karriere verfolgt, scheint er ganz und gar nicht glücklich, das zeigt eine ganz kurze Szene, wie sie nicht möchte, dass er sich überanstrenge beim Sex, aber so kommen keine Kinder zustande. Ein Mann, der wohl selbst nicht so genau weiß, was und wohin und der sich am liebsten mit den Goldfischen im Teich vor seinem Haus unterhält, indem er sie füttert. Auch das trostlos, einsame Szenen und doch am Rande der Groteske, wie er dasteht, die Fische füttert und seine Frau sich neben ihn stellt und ein Gespräch versucht.

Der Scheich, dem kein Betrag zu groß ist, im Jemen den Lachs anzusiedeln, der wirbelt diese Welten in abgesackten Bahnen gehörig durcheinander. Wobei schon die Klärung ein Problem ist, wie denn Lachs, der in den kalten Gewässern des regnerischen Schottlands lebt, in den heißen, wüstentrockenen Gegenden des Jemen aufleben und sich vermehren soll. Allein das ergibt jede Menge komischer Situationen, wenn Jones auf einem Board die Dinge zu skizzieren versucht, den angelnden Scheich, den Lachs und die Mitarbeiterin, das ist die nächste wichtige Person und noch eine wunderbare Schauspielerin, Emily Blunt als Harriet Tchedwode Talbot (die Namen ergeben die herrlichsten Assoziationen), zummindest findet, er habe zeichnerisches Talent.

Auch von ihr gibt’s kurze Einblicke ins Privatleben, sie musste gerade ihren Freund nach Afghanistan verabschieden und erhält bald schon die Nachricht, dass er dort verschollen sei. Diese schwierige Situation zwischen Hoffen und Bangen. Lohnt es sich mit einem anderen anzubandeln? Das wird fast nur unterschwellig präsentiert. Das schwebt in vielen Situationen einfach mit. Denn sie muss jetzt wegen der Lachs-Scheich-Geschichte oft mit Jones unterwegs sein, in Schottland beim Scheich oder in Jemen unterhalb des Staudammes, wo der Lachs dann tatsächlich angesiedelt werden soll. Zeit auch für private Gespräche, aber auch das so ganz nebenbei und selbstverständlich und der Scheich unterlässt es nicht, gelegentlich Kommentare zu den Beziehungen zwischen den Menschen loszulassen, schließlich habe er mehr als 20 Frauen gehabt. Oder Gespräche über Toleranz und die Fische, also den Glauben und die Fischer und auch die Hybris wird erwähnt. Aber auch das passiert völlig nebenbei. Ergibt sich wie von selbst.
Dieser Lachs flutscht wie von selbst den Hals hinunter.

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