Einmal ist keinmal

Dass der Film um die 40 Millionen Dollar gekostet haben soll (laut IMDb) wundert mich nun doch ein bisschen. Die Geschichte scheint nämlich gar nicht so wichtig (junge Frau braucht Geld, heuert bei einem Büro an, das für die Polizei gesuchte Verbrecher beschafft und dafür Prämien kassiert, also eine Art Kopfgeldjägerfirma, und gerät in einen ziemlich verwickelten Fall).

Die Geschichte sieht nun so grad gar nicht darnach aus, als ob sie dringend erzählt werden müsste. Was der Film aber erzählt, das scheint mir, dass die Macher einfach einen großen Spaß daran haben, Kino zu machen, Typen zu stilisieren und ins Extrem zu treiben, Gegensätze aufeinander prallen zu lassen, ein hübsche Frau, die sorglos und mit nicht ganz unerotisch offenem Haar durch die Weltgeschichte stöckelt, in kriminelle Verhältnisse eindringen zu lassen. Da soll sie sich bewähren.

Wenn man kurz vorher einen farblosen, needlosen deutschen Film mit deutschen Subventionsschauspielern gesehen hat, so findet man diese amerikanische Ostküstenart-Filme direkt erholsam, erfrischend; auch wenn die Darsteller sehr deutlich zeigen, dass sie spielen und dass sie Spaß dabei haben; die Nutte mit dem breiten Hintern und der viel zu engen Leggins, die Mutter mit der Haarpracht im Stile eines billigen Frisiersalons, der Exhibitionist, der alte, der bei der Polizei abgeliefert wird, die Oma, die beim Essen unversehens die Pistole der dank ihrem neuen Job jetzt bewaffneten Enkelin rauszieht und prompt in die Luft ballert oder der Metzger oder der Cop oder wer auch immer.

Ganz werde ich aber, wenn ich das so versuche Revue passieren zu lassen, den Eindruck nicht los, als handle es sich eher um einen Acting-Workshop für Fortgeschrittene und für sehr ausgewählte Typen, Männer wie Frauen, die schon versuchen, aus jeder Szene des Drehbuches von Stady Sherman, Karen Reay, Liz Brixius (nach dem Roman von Janet Evanovich) und unter der Regie von Julie Ann Robinson das Maximum rauszuholen. Wobei vermutlich von einem stimulierenden Wettbewerb unter den Akteuren ausgegangen werden kann.

Man wird den Eindruck nicht los, dass da ganz genau überlegt worden ist, wie die Szenen aufgelöst werden, vor allem auch, wie die Schauspieler agieren, wie sie reagieren, welche Emotionszustände sie zu spielen haben. Auch wenn sie nur so anwesend sind und keinen Text haben. Aus welcher Nähe sie aufgenommen werden. Wie wohldosiert man mit Nacktheit einer schönen Frau, wie Katherine Heigl, die die Protagonistin Stephanie Plum spielt, umgeht, ob es köstlich sei, wenn sie von ihrem Ex-Verehrten, den sie nun jagt, in ihrer eigenen Wohnung beim Duschen überrascht und noch dazu mit Handschellen an die Wand gefesselt wird, nackt natürlich. Wie schwierig daraufhin das Handy vom Lavabo zu angeln ist, mit dem sie den offiziellen Cop zwengs Rettung anrufen kann. Wie züchtig sie sich ihm gegenüber in den Duschvorhang wickeln soll.

Der Film passt durchaus in die Ostküstentradition, dadurch, dass viel mehr durch ständige Dialoge stattfindet, die Frage wer wo sei, wer was gesehen habe, wer wem vertrauen kann und die Action sich auf wenige Momente reduziert.

Was mir auch gefällt, ist der direkte, schnörkellose Ton der Schauspieler, das signalisiert Sachbezogenheit, Themenbezogenheit. Kleine ausgedachte Spielereien beweisen die These vom Schauspiel-und Inszenierungworkshop. Sie macht mit einem Cop Schießübungen. Es wird auf Scheiben mit aufgezeichneten Menschenköpfen geschossen. Er ballert genau in die Mitte des Kopfes. Einmal durchlöchert er richtig diese Mitte. Dann gibt’s ein kleines Schau-durch-dieses-Loch-Spiel, sie schaut ihn durch dieses Loch an und möchte die Zielscheibe behalten. Doch eher Kleinmädchenfantasien. Aber für ihn hatte sie ja auch als kleines Mädchen geschwärmt. Zu breit wird das Thema Liebe aber nicht behandelt.

Die Figuren werden weder psychologisch analysiert noch verändern sie sich, sie werden eher filmskulpturhaft herausgemeißelt. Eine nette Szene, wie ihr Cop sie für eine Überwachung mit Mikroport verkabelt, auch das wird ganz genau inszeniert, das Hinpeppen des Mikros in der Mitte des BHs, wie er sie dreht, um den Mikroport festzustecken – nun, aus Distanz betrachtet fragt man sich aber doch, wozu. Soll das irgend an eine Ersatzerotik erinnern? Soll es einfach den wunden Punkt, dass sie allein ist und eigentlich mit keinem Mann wieder was zu tun haben will, erinnern? Ist es dann doch Frauensentimentalität, gar Kitsch, das so zu zeigen, zu erinnern, dran zu tupfen.

Film auf jeden Fall verstanden als Handwerk wie das Schreinern, der Versuch, alles zu feilen und vor allem alles ins Lot zu stellen nach mannigfachen Tests. Das mag den physisch starken Eindruck eines solchen Kinos hervorrufen. Das aber übers Handwerkliche kaum hinauslangt. Warum ich mich dann wie eingangs erwähnt wundere, dass der Spaß 40 Millionen Dollar gekostet haben soll. Solch solides Handwerk sollte doch günstiger zu haben sein.

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