Headhunters

Hauptperson ist der Headhunter Roger Brown gespielt von Aksel Hennie, der in seinem Zweitleben den Klienten teure Gemälde klaut, um sich damit einen luxuriösen Lebensstil zu leisten; aber seine Frau Diana hätte seit sieben Jahren nichts lieber als ein Kind.

Sein nächster Kunde, den er von einer Firma abwerben will, Clas Greve, wird sich allerdings zu einem außerordentlich verzwickten und blutigen Fall auswachsen. Dabei hatte seine Frau Diana ihm diesen Kunden zugeführt; die Beute ist verlockend: ein echter Rubens im Millionenwert. Vorher wurde noch gezeigt, wie ihm bei seinem letzten Bruch gerade mal 10’000 geblieben sind, nicht mal genug für die nächste Hypothekenzahlung. Die Vorlage zum Drehbuch ist der gleichnamige Roman des Erfolgsautors Jo Nesbo.

Wie haben nun die Autoren Lars Gudmestad und Ulf Ryberg ein Drehbuch für die Verfilmung unter Regisseur Mortem Tyldum geschrieben? Sie haben sehr ordentlich die Geschichte exponiert, wie Brown vorgeht, sehr schön gezeigt, wie er sein Doppelleben führt, wie er smart und schnell die Brüche verübt in Kooperation mit der Polizei, die die Objekte überwacht, wie seine Frau lieber Kinder zeugen möchte, er aber immer wieder Termine hat, wie er in Kontakt mit Greve kommt. Wie er den Rubens gekonnt klaut. Das wird alles sehr sauber, fast wie ein Infofilm, ein Aufklärungsfilm über diesen Verbrecher zu- und ausgebreitet.

Mein Hauptproblem dabei ist, dass der Hauptakteur Roger Brown immer in Handlung gezeigt wird; es gibt nicht einen Moment, wo er ruhig zu sehen ist, wo er nachdenkt oder in einer Zwickmühle steckt, wo der Zuschauer sich mit ihm als dem Hauptdarsteller beschäftigen könnte, sich fragen könnte, was ist mit ihm los, was sind seine Antriebkräfte, seine Gründe.

Aksel Hennie hat ein interessantes Gesicht, große Augen und schöne Locken; aber der Film gibt dem Zuschauer nicht die Chance, ein emotionales Verhältnis zu ihm herzustellen. Er wird vielmehr eingesetzt wie eine Spielfigur, um die entsprechende Züge des Vorbildes auf dem Spielbrett deses Verbrechens nachzuzeichnen. Das scheint mir das größte Manko in der Drehbuchbearbeitung zu sein. Zumindest hinsichtlich einer breiten Wirkung im Kino.

Fürs Fernsehen mag die Sache taugen. Aber im Kino kommt der Stoff auf diese Weise sehr oberflächlich daher. Weil er, außer jetzt mal der Ehediskussion über Kinder, Konflikte nicht aufspürt und nicht einsetzt. Das scheint mir das Haupthandicap dieses an sich spannenden und verzwickten Kriminalfalles zu sein. Auch die Farbgebung kommt mir relativ steril fernsehmässig vor. Sie wird der bunten Werbung ums Programm herum nichts wegnehmen.

Es gibt zwar einen theoretischen Schlüssel zum Handeln, zur Motivation von Roger Brown. Gleich zu Beginn schon wird erwähnt, dass er nur 1,68 Meter groß sei und dass er das kompensieren müsse. Das wird lediglich als theoretische Info bekanntgegeben und die Chance, das filmisch zu nutzen, es dem Zuschauer emotional zu vermitteln, wird nicht gepackt (die Amerikaner sind da meist fitter, die würden statt dessen einen kleinen Bilderbogen mit diversen Kompensationsübungen der Figur einfügen, damit der Zuschauer das eben auch sinnlich und nicht nur theoretisch wahrnehmen kann). Dann der Grundsatz „Wer nicht spielt, gewinnt nicht“, auch das eher eine allgemeinplätzige Handlungsbegründung, die nicht in der Figur fundiert ist. Schließlich die ganzen Begründungen seines Handelns mit dem Renommée, die bleiben rein theoretisch, im Vergleich zu den Möglichkeiten im Kino: Papier. Papierkino. Kinopapier.

Sicher gibt es komische Einsprengsel: der Kommissar, der mit seiner Freundin in der Hütte Nacktschießen mit Platzpatronen übt.
Aber das Verhältnis zu seinem Gegenspieler Greve wird nicht prickelnd eingeführt, sie spielen Squash, das ist nun gerade nicht das Symbol, was irgend eine Erwartung auf einen an sich außerordentlich spannenden und verzwackten Kriminalfall schürt.

Das Drehbuch kommt mir eher vor wie eine Skizze zum Plot, jedoch nicht auf die subjektive Sicht der Hauptfigur hin untersucht.
So kann der Zuschauer eventuell zum Gutachter werden, nicht aber zum Mitfiebernden.
Stellenweise wirkt der Film wie ein Studentenfilm, gerade dort, wo er aus dem Realistischen in den Horror abzudriften beginnt. Weil die emotionale Bindung zum Zuschauer nicht hergestellt wurde. So wirkt dann ein Satz wie „Milch neutralisiert“ irgendwie komisch (gegen ein Gift).
Es fehlt sozusagen die psychologische Analyse der Figuren. Der Film hat keinen Psychoappeal.

Man könnte ihn aber auch als einen Film um ein spannende Thema beschreiben: es geht um ein Gel, wenn ein Mensch das eingerieben bekommt, dann ist er immer ortbar, denn das Gel ist auch nicht leich abwaschbar. Das wird alles eine gravierende Rolle im Laufe der weiteren, teils sehr blutigen Entwicklungen spielen.

Andererseits werden zwei komisch-dicke Polizistenfiguren wie aus den Vätern der Klamotte zur Bewachung vor ein Spitalzimmer postiert, bei denen man sich fragt, auf welcher Ebene der Ernsthaftigkeit die Macher dieses Filmes spielen.

Das Kino, was die Norweger uns hier mit Produktionshilfe vom inzwischen dispensierten Herrn Jurgan von Degeto präsentieren, ist ein Kino, was uns die Innenansicht des Protagonisten vorenthält; dabei wäre das eine der größten Möglichkeiten, die das Kino bieten kann, um sich vom Sach-, Fach- und Lehrfilm und vom Fernsehen zu unterscheiden. Hier gibt es nur Außenansichten. Mit anderen Worten, hier wird auf eine hervorragende Qualität, die Kino bieten kann, verzichtet. Darum kommt mir dieser Film stellenweise so hohl vor. Das können pseudoernsthafte Gespräche über die Liebe nicht wettmachen.

Fazit: ein raffinierter Fall, aber fürs Kino nicht raffiniert genug bearbeitet.

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