So vergnügt sich denn wohl Russland mit einer Mischung aus Liebesgeschichte und Kinderfußballgeschichte. Sie fängt sehr gesteuert an: ein Loblied auf Moskau, die Stadt der Künstler, Literaten, Geschäftsleute. Stürmer, der Protagonist, will Autor werden und ist glücklich gerade in Moskau zu sein. Er ist Lehrer in der Provinz, läuft aber einem jungen Paar, was bald heiraten will, vors Auto und nachher gibt’s, weils gleich zwischen ihm und der Lady funkt, eine Riesendiskussion mit dickem Polizisten, jeder will Schuld gewesen sein, bis der Polizist entnervt aufgibt und die Leute ziehen lässt.
Stürmer will zu Fuß weiter gehen, nachdem er der Braut noch zugeflüstert hat, den Mann solle sie auf keinen Fall heiraten. Prompt steigt sie aus dem Auto und damit aus der angepeilten Ehe aus. Stürmer, der Möchtegernautor und Nadya, so heißt die abgehauene Braut, haben schöne Liebestage in Moskau. Stürmer hat sein Manuskript weggeworfen, man sieht dann auch, wie sie es wieder aus der Mülltonne klaubt und erwartet, dass das irgendwann fortgesponnen würde, aber seine literarischen Ambitionen sind erotischen gewichen und spielen im Rest des Filmes keine Rolle mehr.
Sie beschließen zu heiraten, vorher will er aber noch schnell zurück in sein Kaff und seinen Job als Lehrer an den Nagel hängen, während die Braut von der Mutter, die genau das erlebt hat, die Angst eingebläut bekommt, der wird nie wieder kommen und du kannst den Rest des Lebens auf ihn warten, so wie ich. In etwa kommt es so aber doch ein bisschen anders.
Denn die Schuldirektorin im Kaff, die steht auch auf Stürmer und sie meint, der Blumenstrauß, den er bei sich hat, wie er die Kündigung einreicht, sei für sie. Aber er sagt, nein, er fahre nach Moskau zum Heiraten und kündige. Dann muss er eilig zum Bahnhof mit seinem Köfferchen, so leicht kann man in Russland Existenzen auflösen respektive umsiedeln, ein blauer Anzug dazu, das Kündigungsschreiben und bereits die Blumen für die Braut im entfernten Moskau in der Hand.
Er nähert sich dem Bahnhof, da stellt sich ihm ein typischer, schwerfüßiger Gag in den Weg, Vor dem Zug stehen Schüler Spalier und ein Sportfunktionär spricht von den Fußballmeisterschaften. Stürmer will sich wegschleichen, um den Zug zu erwischen, statt dessen erwischt ihn der Funktionär, hält ihn für einen Fußballtrainer und die Lehrerin, die inzwischen dazu gekommen ist, bestätigt das; inzwischen fährt der Zug hinter dem undurchdringlichen Schülerspalier ab und Stürmer wird verdonnert, morgen mit seiner Fußballmannschaft aus lauter 12jährigen anzutreten. Eine Art Slapstickschicksal, in das er geraten ist. Er entscheidet sich, herrenlose Straßenjungs aufzusammeln und zu einer Mannschaft zu machen, die garantiert verlieren würde, somit wäre er frei, abzureisen.
Doch gegen solche Planung arbeitet das Schicksal mit List und Tücke und Gemeinheit an. So eine Lottertruppe kann in einem Film, der mit dem Schicksal spielt, nicht verlieren. Zwischen dem Lehrer und den Straßenjungs enstpinnt sich eine Art Schicksalsgemeinschaft, die sich auf einen Siegespfad begibt; das wirkt durchaus anrührend bis zum Moment, wo er ihnen gestehen muss, mit welch faulen Tricks er versucht habe, den Verlust des Spieles herbeizuführen, dass er Durchfalltabletten besorgt habe oder den Torhüter während der ersten Halbzeit in der Garderobe eingesperrt habe. Parallelkomplikation ist die Hochzeit, die sie in Moskau schon mal anfangen wollen ohne den Bräutigam, es gibt ja sms; die feiern also zuerst den zweiten Tag und wollen dann am nächsten erst zum Standesamt, wenn der Bräutigam dann da ist, der am Telefon hanebüchene Lügen zur Begründung seines Nichterscheinens erfindet.
Hochzeit und Tournier werden in schnellen, kurzen Sequenzen ineinander geschnitten, denn bei der Hochzeit taucht auch noch der ursprüngliche Bräutigam auf und die Fußballgeschichte wird durch ein Link zu einem internationalen Verbrecherkartell zusätzlich spannend gemacht, denn ein Mafioso mit Yacht muss mit seiner Mannschaft unbedingt gewinnen, aber da wandert die Story unverhofft aus dem Genre des Schicksalsspiels in das des Thrillers, vielleicht weil der Autor, Roman Nepomnyashchiy seinem reinen Schicksalsspiel nicht traut, vielleicht, weil er den Charakter Stürmers unterm Aspekt des Schicksals und seines Verhältnisses dazu zu wenig untersucht hatte und dadurch für zu unergiebig hielt.
Um das Knäuel an Komplikationen, die der Autor durch den Genrewechsel herbeiführt in vernünftiger Filmlaufzeit wieder auflösen zu können, muss er die Braut aus Moskau wie mit Zauberkunst ins Provinznest schaffen.
Schon an den übergeschminkten Mimen erkennen wir, dass wohl der russische Geschmack ein anderer ist als unserer und auch die oft übertrieben wirkende Darstellungsweise liest sich für uns wie eine Fremdsprache; vielleicht wollte der Regisseur Levan Gaabriadze damit auf sich als besonders talentiert aufmerksam machen.