Atemlos – Gefährliche Wahrheit

Was ist ein amerikanischer Teenie-Star? Unser Film hat auf dieser Frage ganz fix eine Antwort bereit: er heißt Taylor Lautner und wir nennen ihn in diesem Film Nathan Harper. Er sieht verdammt gut aus. Das heißt, er ist sehr muskulös, man sieht das Training, die Hantelübungen etc., seine Augen erzählen, dass er treu sei, mutig aber nicht bösartig, er kann seine Blicke unter leicht gerunzelter Stirn grade so über die Horizontlinie erheben, dass das einen skeptisch-angehauchten Ausdruck ergibt, leicht zweifelnd aber auch abwägend, er hat im Gesicht vielleicht noch das allerletzte Bisschen Baby-Speck, so dass er nicht richtig hart aussieht, aber erste Ansätze von Schnauzhärchen sprießen, er hat einen männlich gebräunten Teint, ob Strand oder Sonnenstudio spielt keine Rolle, er trägt die Frisur in Erinnerung an die Tollen der Rock’n’Roll-Zeit, er hat blendend weiße Zähne, die sicher auch verblendet sind und die man gut sieht, wenn er lacht oder wenn er den Mund leicht offen hält, er hat sinnliche Lippen und eine Nase in einer guten Mischung aus Stups- und Boxernase, also süß und entschlossen zugleich, kurz, ein Gesicht, wie modelliert nach dem propagierten Geschmack unserer Zeit; Nathan wohnt noch bei seinen Eltern in vornehmem Milieu, hat ein Motorrad, das College noch nicht abgeschlossen und vom sexuellen Standpunkt ist er bestimmt noch eine Jungfrau; vor allem aber: er ist ein Held!

Was ist ein Held?
Auch diese Frage beantwortet unser Film in klassisch beherrschter Erzählweise eindeutig und nachvollziehbar. Einmal ist der Held ein ganz gewöhnlicher Junge, der noch aufs College geht, der Sport treibt und Feten liebt, weniger die Schule; dem die Eltern, wenn er sich nicht an ihre Gebote hält, auch mal den Ausgang sperren. Andererseit fühlt sich aber jeder Junge in diesem Alter als ein Held, als ein ganz Besonderer mit einem ganz besondern Schicksal und einer schicksalshaften Berufung (er macht ja auch umwälzende Entwickungen durch, der junge Mann, dessen ersterlente Identität als Kind allein durch die physische Entwicklung schon grundsätzlich in Frage gestellt wird) und der Filmheld in diesem Alter darf das seinen Altersgenossen und in diesem Falle wohl vor allem den Altersgenossinnen auf der Leinwand vorspiegeln. Nathan kann schlecht schlafen, weil er in einem Loop von Alpträumen steckt, in denen immer wieder die gleiche Frau vorkommt und die gleiche Angstsituation. Er hat also ein schweres Defizit. Dieses will kompensiert oder gegen dieses will angekämpft werden. Er ist übrigens auch bei einer Psychiatrin im Behandlung. Er muss also, um erwachsen zu werden und mit dem Defizit klar zu kommen, durch den mythischen Wald gehen, er muss extreme Situationen durchleben und sie bestehen (sein vermeintlicher Vater hat ihn vorbereitender Weise immer wieder zum Kämpfen aufgefordert, weshalb, das wird ihm später erst klar). Dann erst kann er geläutert und reif für die Liebe aus der Geschichte hervorgehen. Klassisch, nicht?

In unserem Fall gerät Nathan durch eine Schularbeit in die mythische Gemengelage, eine Schularbeit, in deren Rahmen er die Schicksale vermisster Kinder recherchieren soll, die führt ihn seinem eigenen Schicksal auf die Spur. Er entdeckt, dass seine vorgeblichen Eltern gar nicht seine leiblichen Eltern sind; denn sein Vater übt einen brandgefährlichen Beruf im Geheimdienstwesen aus, weltweit und oft jenseits von Völkerrecht und Legalität (wie das von den US-Geheimdiensten immer wieder zu hören ist), jedenfalls ist dieser Vater eine harte Nuss und topgefährdert und die Seinen damit auch; deshalb wurde der Sohn vorsorglich an Pflegeltern übergeben, damit er unbehelligt aufwachsen kann. Das gibt dem pubertären Identitätsproblem einen zusätzlichen Kick.

Der Vater hatte mit der Website mit den vermissten Kindern allerdings einen Köder ausgelegt, um seinen Sohn wieder zu finden. Die Pflegeltern haben es nicht übers Herz gebracht, ihm die Wahrheit zu sagen. Jedenfalls gelangt Nathan ins Fadenkreuz geheimster und filmreif mit allen Mitteln ausgestatteter Dienste, die ihn selbstverständlich schnell orten, und sich sofort an seine Fersen hängen. Sie können überall und schnell schlagkräftige Einheiten mobilisieren. Und so schnell mal die Pflegeeltern von Nathan umbringen und diesen damit auf eine abenteuerliche Flucht mit seiner Freundin noch dazu schicken, verfolgt von den konkurrierenden Agententeams. Die Flucht ist abwechslungsreich gestaltet. Action wechselt ab mit romantischen Waldstücken, in die das Paar ganz ohne Hast eintauchen kann. Aber auch im Zug von Amtrak im Schlafabteil ergibt sich, bevor die Action wieder richtig zuschlägt, die Möglichkeit eines ersten, hauchzarten Kusses.

Unser Held wäre kein Held, wenn er bei all der Gefahr seine und seiner Freundin Haut nicht retten könnte.

Was dieser Film leistet, das dürfte sicher sein, ein Heldenbild zu emtwerfen, was die Träume vieler Teens anspricht; ein Idol gar (da zweifle ich allerdings daran, ob Taylor Lautner Idol-Qualitäten hat, zu sehr scheint mir da der Idolkonditor die Hände im Spiel zu haben) in Gestalt eines süßen schnuckeligen Teens, der in einer verwegenen Umgebung gezeigt wird; die braucht er für seine Identität, die ihn reif macht für die Mädchen. Dazu hat unser Idolkonditor alle filmischen Mittel und Raffinessen (gerade auch die des lichtmäßigen Herausstellens von Nathan) gekonnt eingesetzt. Ganz nebenbei wird übrigens deutlich gemacht, wie die liebe Netzwerk-Facebookwelt sich ganz schnell in eine Netzwerk-Überwachungswelt verwandeln kann.

Ein durchschaubar fürs Zielpublikum (es dürften vor allem Girlies im Schwärmalter sein) sicher tauglich präpariertes Stück Film, kalt gekocht und zum heißen Verzehr bestimmt.

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